44 Bände aus dem Bestand der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg der Goethe-Universität sind an die Friedrich-Ebert-Stiftung übergeben worden.
Übergabe und Vertragsunterzeichnung fanden in der Zentralbibliothek der Universität in Frankfurt-Bockenheim statt. Ermittelt worden waren diese Bände und ihre ursprünglichen Eigentümer im Rahmen eines umfangreichen Projekts zur Provenienzforschung, das Altbestände der Bibliothek daraufhin überprüft, ob sich darunter Raubgut aus dem Besitz von Verfolgten des NS-Regimes befindet. Das Projekt wird seit 2020 vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert und endet im Februar 2025. Untersucht werden rund 80.000 Bände, mehr als 5.000 davon stammen aus dem Offenbach Archival Depot (OAD), das nach dem Zweiten Weltkrieg von der US-amerikanischen Militärregierung eingerichtet worden war, um die (meist jüdischen) Menschen zu ermitteln, denen die hier gelagerten Bücher, Manuskripte und Ritualgegenstände in der NS-Zeit geraubt worden waren. Bis 1948 konnten aus dem OAD zahlreiche Bände restituiert werden, der Restbestand wurde dem Land Hessen übergeben und gelangte auf diesem Weg in die Frankfurter Stadt- und Universitätsbibliothek. 42 der 44 Bände, die an die Friedrich-Ebert-Stiftung übergeben wurden, stammen aus dem OAD.
Aus der bisherigen Arbeit ergibt sich, dass auch weitere Bestände der früheren Stadt- und Universitätsbibliothek Raubgut enthalten können. Ein Anschlussprojekt für die weitere Provenienzforschung wird ebenfalls vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert werden. Die Leiterin der Universitätsbibliothek, Daniela Poth, stellt weitere Restitutionen in Aussicht.
Die 44 Bücher, die ursprünglich sozialdemokratischen Vereinen oder Gewerkschaftsbibliotheken gehörten, gehen nun in die Bibliothek im Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung über. Die Stiftung sammelt in Vertretung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und seit kurzem des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zentral die als NS-Raubgut identifizierten ehemaligen Bestände von Vorgängereinrichtungen.
Bei den nun restituierten Büchern handelt es sich vor allem um politische Literatur aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nicht jedes Buch wird eine Lücke im Bestand der Friedrich-Ebert-Stiftung schließen; viele sind in hoher Auflage erschienen. Das macht die zurückgegebenen Bücher jedoch nicht weniger bedeutend: Unersetzlich seien die Ergebnisse der Provenienzforschung, die akribisch die Besitzverhältnisse darlegen, die sich aus der Abfolge von handschriftlichen Eintragungen, Signaturen oder Exlibris ergeben.
Die zurückgegebenen Bücher werden nicht gänzlich aus der Universitätsbibliothek verschwinden: Der jeweilige Eintrag in der Datenbank bleibt erhalten. Er wird ergänzt um die Information „Raubgut“ und einem Hinweis auf die Restitution.
Im Rahmen des Projekts sind zuvor bereits 20 Bände restituiert worden: an jüdische Gemeinden, Freimaurerlogen, Gewerkschaften und Einzelpersonen.