Das Land Baden-Württemberg gibt das Triptychon „Der verlorene Sohn“ von Max Slevogt (1899) aus dem Besitz der Staatsgalerie Stuttgart an die rechtmäßigen Erbinnen und Erben nach Eduard Fuchs zurück. Der sozialistisch-kommunistische Schriftsteller, Kulturwissenschaftler und Kunstsammler Fuchs (1970-1940) musste 1933 vor den Nationalsozialisten ins Exil fliehen, von wo aus er sich aufgrund gesundheitlicher und finanzieller Notlagen gezwungen sah, sein Restvermögen zu liquidieren und seine umfangreiche Kunstsammlung versteigern zu lassen.
Seine mehrteilige „Illustrierte Sittengeschichte“ machte Eduard Fuchs bekannt und wohlhabend. Fuchs war 1918 Gründungsmitglied des Spartakusbundes und ein Jahr später der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Nachdem er sich 1928 von der KPD losgesagt hatte, trat er 1929 der Kommunistischen Partei-Opposition (KPO) bei. Zeit seines Lebens war er politisch aktiv – seine Gesinnung war eindeutig und wurde ihm während des NS-Regimes zum Verhängnis.
Unmittelbar nach dem Reichstagsbrand, der der NSDAP als Vorwand zur gezielten Verfolgung politischen Gegner diente, wurde Fuchs am 27. Februar 1933 von der Polizei aufgesucht, konnte sich jedoch einem Zugriff entziehen. Im März 1933 wurde seine Berliner Villa von der Gestapo geplündert und Teile seiner Kunstsammlung beschlagnahmt. Mehrere seiner Schriften wurden am 10. Mai 1933 bei der Bücherverbrennung vernichtet. Fuchs gelang im März 1933 gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Margarete Fuchs, geb. Alsberg (1853–1953), die Flucht ins Pariser Exil. Während Fuchs zum Kreis der aus politischen Gründen Verfolgten des NS-Regime gehörte, wurde seine Frau gemäß der nationalsozialistischen Ideologie als Jüdin definiert und somit verfolgt. Das Ehepaar sah sich gezwungen, im Exil zu verbleiben, wo sich der Gesundheitszustand von Eduard Fuchs zunehmend verschlechterte. Im Dezember 1936 bat er seine Tochter Gertraud Fuchs (1897–1960), sein Restvermögen zu liquidieren, um nicht nur sich selbst, sondern auch seine frühere Ehefrau Frida Fuchs, geb. Schön (1876–1956) weiter unterstützen zu können. Die umfangreiche Kunstsammlung wurde 1937/1938 in sechs Auktionen bei Rudolph Lepke in Berlin sowie C. G. Boerner in Leipzig versteigert.
Das Triptychon „Der verlorene Sohn“ von Max Slevogt befand sich von 1911 bis 1938 in der Sammlung. Gertraud Fuchs lieferte das Gemälde im Auftrag ihres Vaters zweimal zur Auktion bei Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus in Berlin ein. 1937 blieb es unverkauft, im Juni 1938 wurde es bei einem Schätzpreis von 4.000 Reichsmark wohl für 1.500 bis 1.700 Reichsmark an einen unbekannten Käufer versteigert. Nach aktuellem Forschungsstand ist von einem Verkauf unter Wert auszugehen. Das Kunstwerk wurde erst 1949 wieder aktenkundig als Aktivum in der Bilanz der Firma Chiron-Werke in Tuttlingen. Alleininhaber und Geschäftsführer der Firma war Otto Stäbler (1890–1955), aus dessen Vermächtnis die Staatsgalerie das Triptychon im Jahr 1956 erhielt.
Die Staatsgalerie teilt mit, sie habe bereits 2017 die Forschungsergebnisse der Provenienzforscherin Dr. Anja Heuß zur Sammlung Eduard Fuchs auf ihrer Website publiziert: „Da die Provenienz des Triptychons von Max Slevogt nach eingehender Prüfung als ‚problematisch‘ eingestuft werden muss, wurde Kontakt mit dem Erben aufgenommen. Der Erbe verzichtete gegenüber der Staatsgalerie Stuttgart in aller Form auf mögliche Ansprüche“. Wie sich nach der Kontaktaufnahme durch Dr. Sabine Rudolph, Rechtsanwältin der Erbengemeinschaft Fuchs, herausstellte, war der genannte Erbe zu keinem Zeitpunkt legitimiert, im Namen der gesamten Erbengemeinschaft Fuchs zu handeln. Der früher geäußerte Verzicht auf den Rückgabeanspruch ist somit nichtig.
Nach konstruktiver Zusammenarbeit mit dem Fuchs-Forscher Dr. Ulrich Weitz und Dr. Sabine Rudolph kommt das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg in enger Abstimmung mit der Staatsgalerie Stuttgart nach erneuter Prüfung zu dem Schluss, dass es sich um NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut handelt. Die Restitution wird aktuell umgesetzt. Für das Jahr 2025 plant die Staatsgalerie eine Veranstaltung zur Erinnerung an den in Göppingen geborenen Eduard Fuchs.
Weitere Informationen zur Provenienzforschung an der Staatsgalerie und zu den Provenienzen online unter: staatsgalerie.de/de/sammlung/provenienzforschung
Zur Sammlung Eduard und Margarete Fuchs fördert das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste ein Projekt unter Leitung von Dr. Ulrich Weitz: https://kulturgutverluste.de/projekte/sammlung-eduard-und-margarete-fuchs-rekonstruktion-der-geraubten-kunstwerke-der-sammlung