Die Kunstverwaltung des Bundes hat die Kreidezeichnung „Hans Karl von Winterfeldt, preußischer Generallieutnant [Studie zu einem friederizianischen Offizier]“ von Adolph von Menzel an die Erbinnen und Erben des Breslauer Unternehmers und Kunstsammlers Leo Lewin (1881–1965) zurückgegeben. Sie war ihm zwischen 1935 und 1941 NS-verfolgungsbedingt entzogen worden. 1942 wurde sie durch Adolf Hitlers „Sonderauftrag Linz“ erworben.
Leo Lewin war der Sohn des Breslauer Textilfabrikanten und Kunstsammlers Carl Lewin (1855–1924). Kurz nach dem Ersten Weltkrieg begann er mit dem Aufbau einer eigenen Kunstsammlung. Die in Rede stehende Zeichnung erwarb er 1928 zusammen mit 51 weiteren Werken Adolph von Menzels (1815–1905) von der Königlichen Nationalgalerie in Berlin im Tausch gegen Arbeiten von Max Slevogt aus seiner Sammlung. Bereits vor dem Beginn der NS-Herrschaft waren Leo Lewin und sein Textilunternehmen zum Ziel antisemitischer Anfeindungen geworden. Nach 1933 war er nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt, die seiner Gesundheit erheblich zusetzten und zum schrittweisen Verlust seines Vermögens führten. Unter dem Druck der Verhältnisse veräußerte Lewin Teile seiner Kunstsammlung freihändig sowie in mehreren Auktionen. Nach der Enteignung seines Unternehmens im April 1938 musste er 1939 nach Großbritannien fliehen, sein in Deutschland verbliebenes Vermögen galt mit der Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit 1941 als beschlagnahmt. Die betreffende Zeichnung wurde Lewin zwischen 1935 und 1941 NS-verfolgungsbedingt entzogen. Dies ergaben Provenienzrecherchen der Historikerin Dr. Monika Tatzkow und der Kunstverwaltung des Bundes.
Über den Künstler und Kunsthistoriker Guido Joseph Kern und die Kunsthändlerin Maria Dietrich gelangte die Menzel-Zeichnung 1942 an Adolf Hitlers „Sonderauftrag Linz“. Nach dem Krieg stellten die amerikanischen Streitkräfte das Werk im Salzbergwerk Altaussee sicher. Sie überführten es am 08.07.1945 in den Münchner Central Collecting Point, wo es unter der Nummer 2902/23 inventarisiert wurde. Auf Grundlage von Artikel 134 Grundgesetz ist die Zeichnung 1960 als ehemaliges Reichsvermögen in den Kunstbestand des Bundes gelangt. Zuletzt befand sie sich als Leihgabe im Kupferstichkabinett der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin.
Mit der Menzel-Zeichnung hat die Kunstverwaltung des Bundes seit Verabschiedung der Washingtoner Prinzipien von 1998 nunmehr 70 Kulturgüter und eine Bibliothek aus diesem ehemaligen Reichsvermögen an die rechtmäßigen Eigentümer:innen restituiert. Seit dem Jahr 2000 meldet sie zudem die Kulturgüter aus ihrem Bestand, bei denen ein NS-verfolgungsbedingter Entzug nicht ausgeschlossen werden kann, an die Lost Art-Datenbank des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste. Darüber hinaus macht die Provenienzdatenbank des Bundes seit 2007 weitergehende Angaben zu vor 1945 entstandenen Kulturgütern in Bundesbesitz öffentlich zugänglich.
Die ausführlichen Ergebnisse der Provenienzforschung zu der Menzel-Zeichnung sind in der Provenienzdatenbank des Bundes veröffentlicht: provenienzdatenbank.bund.de
Zur Such- und Fundmeldung auf Lost Art: