Gemälde "Wirtshaus" von Heinrich Campendonk
NS-Raubgut

Campendonk-Gemälde bleibt in Krefeld

Kunstmuseen Krefeld einigen sich mit Erbin auf gerechte und faire Lösung

Die Stadt Krefeld hat das Gemälde „Wirtshaus“ von Heinrich Campendonk (1889-1957) an die Erbin des jüdischen Kunstsammlers Alfred Hess zurückgegeben und es anschließend für die Sammlung der Kunstmuseen Krefeld angekauft.

Der Einigung zwischen der  Erbin und den Kunstmuseen Krefeld sind umfangreiche Provenienzforschungen, gefördert durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste, vorausgegangen. Campendonks 1917 entstandenes Ölgemälde befindet sich seit 1948 in der Krefelder Sammlung. Es zählt zu den Spitzenwerken des gebürtigen Krefelders und Hauptvertreters des Rheinischen Expressionismus im Bestand der städtischen Kunstmuseen.

Der Schuhfabrikant Alfred Hess war ein bekannter Kunstsammler und Mäzen, der eine der bedeutendsten Sammlungen expressionistischer Kunst in Deutschland aufgebaut hatte. Nach seinem Tod 1931 wurde er von seinem Sohn Hans beerbt. Als jüdische Familie gehörten Hess‘ Frau Tekla und Sohn Hans Hess zu den Kollektivverfolgten der Nationalsozialisten. Hans Hess emigrierte wenige Monate nach dem Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft aus Deutschland zunächst nach Frankreich und später nach Großbritannien, wohin ihm seine Mutter 1939 folgte. Die Kunstsammlung verbrachte sie 1933 in Teilen auf Freipass - einer temporären Ausfuhrgenehmigung - in die Schweiz darunter auch das Gemälde von Campendonk. Im März 1937 sandte sie das Gemälde zusammen mit anderen Werken zurück nach Deutschland an den Kölnischen Kunstverein.

Im Sommer 1947 teilte der Kölnische Kunstverein auf Nachfrage mit, dass die ehemals eingelagerten Bilder nicht mehr vorhanden seien. Erst im sogenannten „Kölner Fälscherprozess" 1949/50 wurde bekannt, dass sich Dritte einige der vermeintlich zerstörten Bilder angeeignet und sie unter der Hand verkauft hatten. Das gegenständliche Gemälde wurde im Prozess nicht erwähnt. Spätestens im März 1947 fand es sich im Besitz des Kölner Kunsthändlers Werner Rusche wieder, der es im Februar 1948 dem Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld zum Kauf anbot. Informationen zur Provenienz des Gemäldes lagen dem Museum beim Ankauf nicht vor.

Nun wurde das Gemälde an die Erbin zurückgegeben; gleichzeitig konnte sein dauerhafter Verbleib in den Kunstmuseen Krefeld durch einen Rückkauf gesichert werden. Ermöglicht wurde der Erwerb durch Unterstützung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der Kulturstiftung der Länder.

Gilbert Lupfer, Vorstand des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste, sagt: „Zu gerechten und fairen Lösungen beizutragen, die die legitimen Interessen der Nachkommen berücksichtigen und die Erinnerung an verfolgte jüdische Sammlerinnen und Sammler wachhalten, ist eine der wichtigsten Aufgaben des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste. Wir freuen uns sehr, dass die von uns unterstützte Provenienzforschung an den Kunstmuseen Krefeld zu genau solch einem Ergebnis geführt hat."

Das Gemälde ist zurzeit im KWM in der Sammlungspräsentation „Sammlung in Bewegung“ ausgestellt.

Zum Projekt Grundlegende Bestandsprüfung der Malerei der Kunstmuseen Krefeld für die Zugangsjahre 1946 bis 1970