Das Landesmuseum Kunst & Kultur Oldenburg hat vier Objekte an die Nachkommen der einstigen Eigentümer restituiert. Eingehende Provenienzrecherchen hatten ergeben, dass die Schenkung bzw. der Verkauf von zwei Likörgläsern und zwei Tassen an das Landesmuseum im Jahr 1936 das Ergebnis einer NS-verfolgungsbedingten Zwangslage waren.
Zwei Likörgläser und eine Tasse mit Blumendekor gelangten 1936 als Schenkung der damals 63-jährigen Oldenburgerin Henny Insel in die Sammlung des Landesmuseums. Kaum zwei Wochen später verkaufte sie dem Museum eine weitere Tasse mit Untertasse aus Porzellan. Die Umstände, unter denen die Objekte in den Besitz des Landesmuseums übergingen, standen in unmittelbarem Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Verfolgung der Familie Siegfried und Henny Insel: Der Umzug der Familie von Oldenburg nach Hannover, der nur etwa zwei Wochen nach Schenkung bzw. Verkauf der Objekte an das Landesmuseum stattfand, und schließlich die Emigration nach Amsterdam erfolgten vor einem NS-verfolgungsbedingten Hintergrund. Der Umzug in eine deutlich kleinere und günstigere Wohnung, der Verkauf des Elternhauses von Siegfried Insel weit unter Preis und die notgedrungene Reduzierung des Hausstandes waren unmittelbare Folgen der Diskriminierung und Entrechtung des Ehepaars Insel. Der ungewöhnlich niedrige Verkaufspreis von fünf Reichsmark für die erworbene Tasse verdeutlicht die Notsituation der Insels.
Nach ihrer Verhaftung und Internierung wurden Siegfried und Henny Insel im Mai 1943 vom niederländischen Durchgangslager Westerbork in das Vernichtungslager Sobibór in Polen deportiert und dort ermordet. Ihre Kinder Grete und Hermann Insel wurden 1942 in Auschwitz-Birkenau ermordet.
„Die Tatsache, dass Schenkungen nicht notwendigerweise mit einer selbstbestimmten Entscheidung des Gebenden einhergehen, ist insbesondere für die Provenienzforschung nicht neu“, sagt Prof. Dr. Marcus Kenzler, Provenienzforscher am Landesmuseum Kunst & Kultur Oldenburg. Im Zuge ausführlicher genealogischer Nachforschungen konnte ermittelt werden, dass aus der Verbindung von Siegfried und Henny Insel keine noch lebenden, erbberechtigten Nachfahr:innen hervorgegangen sind. Siegfried Insel hatte jedoch fünf Brüder und drei Schwestern, deren Nachkommen sich zu einer Erbengemeinschaft zusammengetan haben.
Diese Erbengemeinschaft teilte die vier Objekte untereinander auf. Während ein in den USA lebender Erbe auf eine Rückgabe der zwei Gläser verzichtete und sie dem Landesmuseum als Schenkung überließ, nahm ein in Israel lebender Erbe das Restitutionsangebot für die zwei Tassen an.