Sitz der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg
Koloniale Kontexte

Rund 2,33 Mio. Euro für Provenienzforschung zu „kolonialen Kontexten“

Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste hat im Jahr 2024 Förderung für insgesamt 17 Projekte im Bereich „Kultur- und Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ bewilligt.

Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste hat im Jahr 2024 rund 2,33 Millionen Euro für Provenienzforschung zu Kultur- und Sammlungsgütern aus kolonialen Kontexten bewilligt. Insgesamt werden damit 17 Projekte an Museen, Universitäten und anderen Einrichtungen gefördert, die sich mit der Herkunft von Kulturgütern und menschlichen Überresten aus einstigen Kolonien in ihren Sammlungen befassen.

Einem bislang kaum erforschten Thema widmet sich zum Beispiel die Universität Kassel: Dort startet ein Projekt zu kolonialen Jagdtrophäen, die nach wie vor in den Depots vieler deutscher Institutionen lagern und dort bis heute die Ausbeutung von Mensch und Natur in den kolonisierten Ländern bezeugen. Doch wie lief die koloniale Jagd konkret ab, und welche Auswirkungen hatte sie auf indigene Gemeinschaften? Auf welchen Wegen kamen die erlegten Tiere nach Europa, und wie kann man heute mit ihnen umgehen? Das Projekt untersucht die Herkunft solcher Jagdtrophäen in ausgewählten deutschen Sammlungen und will in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler:innen aus mehreren afrikanischen Ländern dazu anregen, sich mit der problematischen Geschichte der „animal remains“ zu befassen.

Auf den ersten Blick ungewöhnlich ist auch der Forschungsgegenstand eines Verbundprojekts, das vom Museumsverband Niedersachsen und Bremen e.V. (MVNB) koordiniert wird. Darin wird die Herkunft der erstaunlich zahlreichen Kulturgüter und menschlichen Überreste aus Indonesien erforscht, die in den beteiligten acht niedersächsischen Museen und Sammlungen zu finden sind. In Kooperation mit Expert:innen aus Indonesien und den Niederlanden geht das Projekt der Frage nach, wie und durch wen so viele Objekte aus niederländischen Kolonialgebieten nach Deutschland gelangen konnten – und zeigt, dass koloniales Sammeln in einem globalen Zusammenhang gesehen werden muss.

Die Gewalt in deutschen Kolonien ist Thema eines Projekts an der Technischen Universität Berlin: Dort wird eine umfassende Übersicht der militärischen Expeditionen in den ehemaligen deutschen Kolonien „Deutsch-Ostafrika“ und „Deutsch-Togoland“ erstellt und mit Museumssammlungen und Museumsarchiven abgeglichen, um gewaltsam geraubtes Gut identifizieren zu können. Damit soll es auch Wissenschaftler:innen in Togo, Ghana, Tansania, Ruanda und Burundi möglich sein, solche Objekte in deutschen Institutionen zu finden.

Das von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden zum 1.1.2015 gegründete Deutsche Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg ist in Deutschland zentraler Ansprechpartner zu Fragen unrechtmäßig entzogenen Kulturguts. Das Zentrum wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien institutionell gefördert und erhält von dort auch die Mittel für seine Projektförderung. Das Hauptaugenmerk des Zentrums gilt dem im Nationalsozialismus verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgut, insbesondere aus jüdischem Besitz. Außerdem ist es möglich, Förderung von Projekten zu beantragen, die sich mit Kultur- und Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten befassen. Bisher wurden insgesamt rund 11,8 Millionen Euro für 84 Projekte in diesem Bereich bewilligt.

Neuanträge für längerfristige Projekte können jeweils zum 1. April und 1. Oktober eines Jahres eingereicht werden, kurzfristige Projekte können jederzeit beantragt werden. Anträge auf Verlängerung langfristiger Projekte können ohne feste Frist gestellt werden, sollten jedoch spätestens drei Monate vor dem Ablauf der regulären Projektlaufzeit beim Zentrum eingereicht werden. Antragsberechtigt sind alle Einrichtungen in Deutschland in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft, die Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten sammeln, bewahren oder erforschen. Dazu zählen Museen, Universitäten und andere Forschungseinrichtungen. Seit dem 1.1.2021 können Anträge auch von Einrichtungen gestellt werden, die als gemeinnützig anerkannt sind und ihren Sitz in Deutschland haben.

Zur Pressemitteilung

Zum Anhang der Pressemitteilung inkl. aller geförderten Projekte

 

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