Gebetbuch
NS-Raubgut

Jüdisches Museum Westfalen restituiert Gebetbuch an rechtmäßige Erbin

Nach mehr als 80 Jahren hat Susanne Woodin (90) aus Großbritannien ein wertvolles Gebetbuch aus ihrem Familienbesitz wiedererhalten: Das „Machsor al kol ha-Shanah“ ist ein Gebetbuch für das ganze Jahr und stammt aus dem Jahr 1851. Seit 1991 war es Teil der Sammlung des Jüdischen Museums Westfalen. Im Rahmen eines Provenienzforschungsprojekts, das vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert wird, konnte das Museum die rechtmäßige Erbin ermitteln und ihr das Gebetbuch ihres Großvaters Hermann Schlome (1857-1942) zurückerstatten.

Her­mann Schlo­me war Holz­händ­ler und stamm­te aus ei­ner jü­disch-or­tho­do­xen Händ­ler­fa­mi­lie in Ja­no­witz in der ehe­ma­li­gen preu­ßi­schen Pro­vinz Po­sen (heu­te Ja­no­wiec/Po­len). Aus sei­ner Ehe mit Au­gus­te Frost (1862-1942) gin­gen die Söh­ne Paul, Ar­thur und Ju­li­us so­wie Toch­ter Cla­ra her­vor. Ver­mut­lich gleich nach dem Ers­ten Welt­krieg zo­gen die Kin­der nach Ber­lin. Um 1933 zo­gen auch Her­mann und sei­ne Frau nach Ber­lin. Ein be­son­ders in­ni­ges Ver­hält­nis ver­band Her­mann mit sei­ner En­ke­lin Su­san­ne Schlo­me (ge­bo­ren 1930), der Toch­ter sei­nes äl­tes­ten Soh­nes Paul.

Am 1. Sep­tem­ber 1942 wur­den Her­mann und Au­gus­te Schlo­me mit dem „54. Al­terstrans­port“ nach The­re­si­en­stadt de­por­tiert. Her­mann Schlo­me starb am 16. Sep­tem­ber 1942 in The­re­si­en­stadt, sei­ne Frau Au­gus­te wur­de An­fang Ok­to­ber 1942 in Treb­lin­ka er­mor­det. Vie­le wei­te­re Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­ge ver­lo­ren durch die Shoah ihr Le­ben. Su­san­nes Va­ter Paul starb am 22. Ok­to­ber 1942 in Ri­ga.

Her­manns En­ke­lin Su­san­ne ent­kam der Ver­fol­gung am 4. Ju­li 1939 durch ei­nen Kin­der­trans­port nach Groß­bri­tan­ni­en und wur­de vom Ehe­paar Hands­lip aus dem klei­nen Dorf Wer­ham auf­ge­nom­men, wo sie ihr Le­ben ver­brach­te. Bis 1942 blieb sie in Brief­kon­takt mit ih­rer Mut­ter in Ber­lin, da­nach wur­den ih­re El­tern nach Ri­ga de­por­tiert. Su­san­ne Woo­din sind nur we­ni­ge Er­in­ne­rungs­stücke an ih­re Fa­mi­lie ge­blie­ben.

Das Jü­di­sche Mu­se­um West­fa­len er­forscht im Rah­men des lang­fris­ti­gen Pro­jekts ei­ne Rei­he von Ju­dai­ca und Bü­chern aus der Samm­lung. Auf­grund der bis­he­ri­gen For­schun­gen konn­ten be­reits meh­re­re Er­bin­nen und Er­ben er­mit­telt wer­den und Re­sti­tu­tio­nen er­fol­gen.