"Wenn sich da u. U. etwas machen ließe". Potenzielles Raubgut im Bibliotheksbestand des Leibniz-Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung
Bundesland:
Bayern
Ansprechpartner:
Dr. Daniela Mathuber

Tel.+49 (0)941 943-5487

Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Das Projekt wird klären, ob sich in den Beständen der Bibliothek des Leibniz-Instituts für Ost -und Südosteuropaforschung in Regensburg Medien befinden, die den Besitzer:innen während der Zeit des Nationalsozialismus unrechtmäßig entzogen wurden. Die Bestände setzen sich zusammen aus der Bibliothek des Südost-Instituts (gegründet 1930/1951, bis 2007 in München), der Bibliothek des Osteuropainstituts (gegründet 1952, bis 2007 in München) sowie der Bibliothek des Leibniz-Instituts. Sie umfassen gegenwärtig rund 340.000 Medien (Bücher, Zeitschriften, Karten, etc.), von denen rund 20.000 aus der Zeit vor 1945 stammen. Letztere sollen vollständig überprüft werden, da nur bei einem verschwindend geringen Anteil, etwa Autorenexemplaren, eine problematische Provenienz von vornherein ausgeschlossen werden kann.

Der Anstoß zu dieser Untersuchung ging von publizierten Quellen aus, die belegen, dass wichtige Akteure des Südost-Instituts wie auch des Osteuropa-Instituts den Willen und/oder die Möglichkeit hatten, an Raubgut zu gelangen:

Fritz Valjavec (1908-1960) bemühte sich als Geschäftsführer des Südost-Instituts darum, Raubgut aus der Untersteiermark zu erhalten. Ob er damit Erfolg hatte, ist noch offen. Zudem besorgte er 1941 in Rumänien und der Westukraine Bücher, die ebenso für seine Privatbibliothek wie für das Südost-Institut bestimmt gewesen und sowohl rechtmäßig, als auch unrechtmäßig erworben worden sein könnten. Ob sie jemals nach München gelangen, ist unklar. Das Südost-Institut kaufte Valjavecʼ Privatbibliothek 1965 an.

Hans Koch (1894-1959), der erste Direktor des Osteuropa-Instituts, bewegte sich während des Krieges dienstlich im Umfeld von Stellen, die unmittelbar an Kulturgutraub beteiligt waren, sodass er Gelegenheit gehabt hätte, sich für seine Privatbibliothek zu bereichern. Letztere kaufte das Osteuropa-Institut 1959 an.

Zuletzt ist Wilfried Krallert (1912-1969) zu nennen. Er leitete während des Krieges die Publikationsstelle Wien und gehörte dem Sonderkommando Künsberg an. Krallert unterhielt sowohl zu Valjavec, als auch zu Koch engen persönlichen Kontakt und handelte nach dem Krieg im großen Stil mit den Restbeständen der Publikationsstelle. Zu seinen Kunden gehörten neben anderen Einrichtungen das Südost-Institut und das Osteuropa-Institut. Nach seinem Tod verkaufte auch seine geschiedene Frau Gertrud Krallert (1960-1980 die Leiterin der Bibliothek des Südost-Instituts) dem Südost-Institut Bücher, die aus diesem Zusammenhang stammen dürften.

Abgesehen von diesen belasteten Namen ist denkbar, dass das IOS und/oder seine Vorgängerinstitute unwissentlich Raubgut im antiquarischen Handel erwarben. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist grundsätzlich recht hoch anzusetzen, da Osteuropa massiv vom nationalsozialistischen Kunst- und Kulturgutraub betroffen war.

(c) Leibniz-Institut für Ost- und Südisteuropaforschung Regensburg.