Schlosskirche Ellingen, Ellingen, April 1945

NS-Raubgut: Grundlagen und Übersicht

Historische Hintergründe zum NS-Kunstraub, Grundlagendokumente, Hilfestellung für die Provenienzforschung und Ansprechpartner – auf dieser Seite geben wir wichtige Informationen zum Thema NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut an die Hand. Wir klären zentrale Begriffe wie NS-Kunstraub und Provenienzforschung und blicken auf den „Kunstfund Gurlitt“ zurück.

Historischer Hintergrund

Mit ihrer Machtübernahme im Jahr 1933 begannen die Nationalsozialisten, politische Gegner:innen und unliebsame Organisationen auszuschalten, insbesondere aber jüdische Bürger:innen nach und nach ihrer Rechte zu berauben. Mit verschiedenen Gesetzen und Steuern beziehungsweise Zwangsabgaben schuf sich das Regime zudem die Grundlage für die Enteignung von politischen Gegner:innen und den Zugriff auf das Vermögen jüdischer Bürger:innen. Seit der Pogromnacht 1938 beschleunigte sich die Entrechtung und Enteignung jüdischer Bürger:innen, die schließlich in die systematische Ermordung von Millionen jüdischen Menschen aus Deutschland und den von Deutschland besetzten Ländern mündete.

Wichtige Ereignisse

NS-Kunstraub

Der NS-Staat bereicherte sich im Zuge der Verfolgung und Vernichtung von Menschen umfassend an deren Eigentum. Kulturgüter und Kunstwerke standen dabei besonders im Fokus. Adolf Hitler (Sonderauftrag Linz) und hochrangige NS-Funktionäre wie Hermann Göring bestückten ihre Kunstsammlungen mit beschlagnahmtem Gut. Neben offenem Raub ging der Entzug häufig indirekt vonstatten: Zum Beispiel, wenn Verfolgte gezwungen waren, ihren Besitz zu verkaufen, um Abgaben (z.B. die „Judenvermögensabgabe“) zu begleichen oder die Flucht ins Exil zu finanzieren. Auch Kulturgut, das nicht direkt geraubt, aber zum Beispiel unter Zwang abgegeben oder veräußert wurde, gilt daher als „NS-Raubgut“.

„Washingtoner Prinzipien“ und „Gemeinsame Erklärung“

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges schufen die westlichen Alliierten Grundlagen zur Rückgabe entzogenen Gutes an die rechtmäßigen Eigentümer:innen. Auch durch gesetzliche Regelungen in der Bundesrepublik kam es in den Nachkriegsjahren zu Rückgaben und Entschädigungen, vielen Opfern aber war es nicht möglich, ihre Ansprüche geltend zu machen oder sie konnten sie gegen vielfache Widerstände nicht durchsetzen. Zudem blieben infolge des Kalten Krieges die DDR und Osteuropa in der Frage der Restitutionen weitgehend außen vor. Ab Mitte der 1970er Jahre galten Rechtsansprüche als juristisch verjährt.

Erst mit dem Ende des Kalten Krieges und mit der deutschen Wiedervereinigung entfaltete sich langsam wieder eine Restitutionsdebatte: 1998 wurden auf einer internationalen Konferenz die „Washingtoner Prinzipien“ verabschiedet. 43 Staaten und 13 nichtstaatliche Organisationen verpflichteten sich darin, NS-verfolgungsbedingt entzogene Kunstwerke zu identifizieren und gerechte und faire Lösungen mit den Eigentümer:innen oder ihren Erbinnen und Erben zu finden. In Deutschland verpflichteten sich die Bundesregierung, die Länder und die kommunalen Spitzenverbände im Jahr 1999 mit der „Gemeinsamen Erklärung“ als Träger öffentlicher Einrichtungen darauf hinzuwirken, NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter zurückzugeben. Die Erklärung ist zwar eine Selbstverpflichtung ohne rechtliche, aber mit hoher moralischer und politischer Verbindlichkeit.

Erklärfilm: Was sind gerechte und faire Lösungen?

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Der Film steht kos­ten­frei zum Dow­n­load be­reit. Er darf un­ter der Li­zenz CC BY-NC-ND 4.0 ge­nutzt und ver­brei­tet wer­den. © Deut­sches Zen­trum Kul­tur­gut­ver­lus­te, bildbad

Provenienzforschung

Von zentraler Bedeutung für die Identi­fi­zie­rung NS-verfol­gungs­bedingt ent­zogenen Kultur­guts ist die Pro­ve­nienz­forschung (von lat. pro­ve­ni­re = „her­vor­­kom­men, ent­ste­hen“). Die Pro­­ve­­ni­enz­­for­schung (auch Pro­­ve­n­ienz­­re­cher­che oder Her­kunfts­­for­schung) un­ter­­sucht die Her­kunft und die wechselnden Be­sit­zer­­ver­hält­nis­se ei­nes Kul­tur­guts. Die Pro­ve­­ni­enz­­for­schung ge­hört zu den Kern­­auf­ga­ben je­der kul­tur­­gut­be­wah­ren­den In­sti­tu­ti­on.

Seit 2008 fördern Bund und Länder die Prove­nienz­forschung im Bereich NS-Raubgut. Seit seiner Grün­dung im Jahr 2015 unter­stützt das Deut­sche Zen­trum Kul­tur­­gut­­ver­lus­te in Mag­de­burg die Provenienz­forschung u.a. mit finan­ziellen Zuwendungen. Außerdem betreibt das Zentrum die Lost Art-Datenbank sowie die Forschungs­daten­bank Proveana. Das Zen­trum wird von der Be­auf­­trag­ten der Bun­des­­re­gie­rung für Kul­tur und Me­di­en in­sti­­tu­­tio­­nell ge­för­­dert und er­hält von dort die Mit­tel für sei­ne Pro­jekt­­för­de­rung.

Erklärfilm zum Kunstfund Gurlitt

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Beratende Kommission

Die „Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz“ wurde 2003 aufgrund einer „Absprache“ zwischen der Bundesregierung, den Bundesländern und den kommunalen Spitzenverbänden eingerichtet. Sie kann bei Streitigkeiten über die Rückgabe von Kulturgütern angerufen werden, die während der Herrschaft des Nationalsozialismus vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 ihren Eigentümer:innen, insbesondere jüdischen Opfern des NS-Terrors, verfolgungsbedingt entzogen wurden. Voraussetzung für das Tätigwerden der Kommission ist das Einverständnis beider Seiten, eine Mediation und ggf. eine Empfehlung der Kommission herbeiführen und diese befolgen zu wollen.

Die Beratende Kommission-NS-Raubgut ist eine unabhängige Einrichtung. Die Mitarbeiter:innen der in Berlin ansässigen Geschäftsstelle sind fachlich unmittelbar dem Kommissionsvorsitz unterstellt. Arbeitsrechtlich sind sie Angestellte des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste.

Hilfestellung für die Provenienzforschung bieten:

Ansprechpartner:innen im Fachbereich Kulturgutverluste ­im 20. Jahrhundert in Europa

Dr. Uwe Hart­mann

Leitung
49 (0) 391 727 763 14

Sté­pha­nie Bau­me­werd

Re­fe­ren­tin NS-ver­fol­gungs­be­dingt ent­zo­ge­nes Kul­tur­gut
+49 (0) 391 727 763 25

Cath­leen Tas­ler

Pro­jekt­ko­or­di­na­ti­on und Be­ra­tung öf­fent­li­cher Ein­rich­tun­gen
+49 (0) 391 727 763 21

San­dra Lei­nert

Pro­jekt­be­ra­tung pri­va­ter Ein­rich­tun­gen und Pri­vat­per­so­nen
49 (0) 391 727 763 31

Ti­no Seif­fert

fi­nan­zi­el­les Pro­jekt­ma­na­ge­ment
+49 (0) 391 727 763 15

Weitere Inhalte

Rückseitenanalyse
Förderung & Anträge
Infos und Unterlagen zur Förderung der Provenienzforschung im Bereich „NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut“
Impression der Ausstellung „Eigentum verpflichtet“ im Zeppelin-Museum Friedrichshafen
Materialien
Publikationen, Erklärfilme, Veranstaltungsdokumentationen und Ausstellungen zu NS-Raubgut
Gebetbuch
Restitutionen / Meldungen
Informationen zur Restitution von NS-Raubgut und Formular für Restitutionsmeldungen