Vier solcher Fassadenschmucksteine wurden während des Forschungsprozesses auf dem Dachboden des Museums gefunden.
NS-Raubgut

Glücksfall für die Kleeblätter – Museum Aschersleben gibt Kulturgut zurück

Das Städtische Museum Aschersleben restituiert am 13. April 2022, dem diesjährigen Tag der Provenienzforschung, siebzehn Objekte an die örtliche Freimaurerloge „Zu den drei Kleeblättern“. Das Museum nutzt seit 1955 das Logenhaus und beherbergt 109 Freimaurer-Objekte. Die Herkunft der Objekte wurde in einem vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Provenienzforschungsprojekt aufgearbeitet.

Im Städ­ti­schen Mu­se­um in Aschers­le­ben be­fin­det sich der deutsch­land­weit ein­zi­ge Frei­mau­rer­tem­pel ei­ner ak­ti­ven Lo­ge, der öf­fent­lich be­sich­tigt wer­den kann. Das Ge­bäu­de am Markt war von 1798 bis 1935 Sitz der Lo­ge. Mit ih­rem Ver­bot und der Li­qui­da­ti­on durch das NS-Re­gime ging das Grund­stück in den Be­sitz der Stadt über. Seit 1955 be­fin­det sich das Mu­se­um im Ge­bäu­de. 1992 wur­de das Haus der Großen Lan­des­lo­ge der Frei­mau­rer von Deutsch­land als Nach­fol­ge­or­ga­ni­sa­ti­on über­tra­gen und 1993 die Jo­han­nis­lo­ge „Zu den drei Klee­blät­tern“ re­ak­ti­viert. Seit­dem nut­zen Lo­ge und Mu­se­um das Haus ge­mein­sam. Die dor­ti­ge Aus­stel­lung in­for­miert über die Ge­schich­te der Lo­ge und zeigt rund 50 Ex­po­na­te des Frei­mau­rer­tums. Das Mu­se­um be­sitzt zu­dem meh­re­re Ob­jek­te mit Frei­mau­rer-Be­zug. We­gen des Ver­bots der Frei­mau­re­rei in Na­zi-Deutsch­land 1935 und der Ent­eig­nung der Lo­gen las­tet auf Frei­mau­rer-Ob­jek­ten in Mu­se­ums­be­sitz ein Ver­dacht auf NS-Raub­gut. Der Aschers­le­ber Lo­gen­meis­ter Hans-Mar­tin Kohl­mann stell­te da­her 2019 an das Mu­se­um ei­nen „An­trag auf Rück­ga­be von Lo­ge­nei­gen­tum“.

In ei­nem vom Zen­trum ge­för­der­ten, sechs­mo­na­ti­gen For­schungs­pro­jekt un­ter­such­te die Kunst­his­to­ri­ke­rin Chris­tia­ne Gra­thwohl-Schef­fel sämt­li­che Ob­jek­te – un­ter an­de­rem Klei­dung, Bü­cher, Ri­tual­ge­gen­stän­de – mit Frei­mau­rer­be­zug am Mu­se­um und ar­bei­te­te die NS-ver­fol­gungs­be­dingt er­zwun­ge­ne Auf­lö­sung der Frei­mau­rer­lo­ge auf. Au­ßer­dem er­mit­tel­te sie Vor­be­sit­zer:in­nen, er­grün­de­te, wa­rum sie sich von den Ob­jek­ten trenn­ten, und re­kon­stru­ier­te de­ren Weg ins Städ­ti­sche Mu­se­um. Dem­nach ge­lang­ten 48 Ob­jek­te ab 1980, mehr­heit­lich nach 1990, an das Mu­se­um durch Schen­kun­gen und An­käu­fe von Nach­kom­men der zwi­schen 1900 und 1935 ak­ti­ven Brü­der. Das Mu­se­um wur­de An­sprech­part­ner für der­ar­ti­ge Nach­läs­se.
Spek­ta­ku­lär ist der Dach­bo­den­fund von vier Fassa­den­schmuck­stei­nen in Form ei­nes drei­blätt­ri­gen Klee­blat­tes wäh­rend des For­schungs­pro­zes­ses. Die­se wur­den ver­steckt hin­ter dem Drem­pel auf dem Dach­bo­den des Mu­se­ums auf­ge­fun­den. Ein gleich­ar­ti­ger Stuck war be­reits in den 1990er Jah­ren auf dem Dach­bo­den ge­bor­gen wur­den – eben­so wie zwei Ka­no­nenglä­ser, die be­reits in den 1950er Jah­ren vom Mu­se­ums­per­so­nal ent­deckt wor­den wa­ren. Dar­über hin­aus konn­te die Li­qui­da­ti­ons­ge­schich­te der Lo­ge na­he­zu lücken­los auf­ge­ar­bei­tet wer­den. Die ar­chi­vier­te In­ven­tar­lis­te der „Ge­sta­po“, die das Aschers­le­ber Lo­ge­nei­gen­tum 1935 be­schlag­nahm­te, lis­tet 340 Ge­gen­stän­de auf. Die­se sind bis heu­te nicht auf­find­bar.

Als Er­geb­nis der Pro­ve­ni­enz­for­schung wur­de schließ­lich ge­mein­sam mit dem Lo­gen­meis­ter die Re­sti­tu­ti­on von 17 Ob­jek­ten ver­ein­bart. Ne­ben den fünf Fassa­den­schmuck­stei­nen und den zwei Ka­no­nenglä­sern bein­hal­tet die Über­ga­be meh­re­re Bü­cher und ein Lo­gen­ab­zei­chen. Au­ßer­dem wur­den zwei wei­te­re Ei­gen­tü­mer aus­ge­macht: Drei Bü­cher mit Ei­gen­tums­hin­wei­sen der zwei li­qui­dier­ten Eis­le­be­ner Lo­gen wer­den an die wie­der­ge­grün­de­te Lo­ge „Zum auf­blü­hen­den Baum“ in Eis­le­ben re­sti­tu­iert. Der hand­schrift­li­che „Ka­ta­log der Me­dail­len- und Bi­joux-Samm­lung der Großen Lan­des­lo­ge d. Frm. Von Deutsch­land. Schlichting 31.12.50“ stammt nicht aus der NS-Zeit und geht an das Lo­gen­mu­se­um in St. Mi­chae­lis­don, das die be­tref­fen­de Samm­lung ver­wahrt.

Die Re­sti­tu­ti­on fin­det am 13. April 2022 von 11 Uhr bis 12:30 Uhr im Lo­gen­tem­pel im Bei­sein des Lo­gen­meis­ters Hans-Mar­tin Kohl­mann und des Kul­tur­staats­se­kre­tärs Dr. Se­bas­ti­an Putz statt. Die Über­ga­be ist öf­fent­lich. In­ter­es­sier­te wer­den ge­be­ten, sich bis zum 12.04.2022 beim Mu­se­um an­zu­mel­den.

Vier solcher Fassadenschmucksteine wurden während des Forschungsprozesses auf dem Dachboden des Museums gefunden.