Provenienzforscher Sebastian Braun bei der Übergabe von zwei Büchern an den Kulturdezernenten Marc Grünbaum der Frankfurter jüdischen Gemeinde
NS-Raubgut

Jüdisches Museum Westfalen veröffentlicht Broschüre zu Provenienzforschungsprojekt

Das Jüdische Museum Westfalen hat eine Broschüre zu seinem Provenienzforschungsprojekt veröffentlicht, das seit Mai 2020 vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert wurde und nun abgeschlossen ist. Auf 60 Seiten präsentiert sie die Ergebnisse aus eineinhalb Jahren wissenschaftlicher Arbeit.

Wie an­hand von Bei­spie­len ge­zeigt wird, steht die For­schung zu Ju­dai­ca und All­tags­ge­gen­stän­den vor be­son­de­ren Her­aus­for­de­run­gen. Ri­tual­ge­gen­stän­de aus dem 19. und frü­hen 20. Jahr­hun­dert, Ker­zen­leuch­ter, Be­sa­min­do­sen, aber auch Me­dail­lons sind Mas­sen­wa­re. Wenn sie nicht aus Edel­me­tall be­ste­hen, ha­ben sie kei­ne Pun­ze, kei­ne Mar­ke des Her­stel­lers, oft tra­gen sie kei­ne In­schrif­ten. Selbst bei Ge­gen­stän­den mit In­schrif­ten, aber oh­ne ge­si­cher­ten Her­kunfts­ort ist es schwer, Be­sit­zer:in­nen zu iden­ti­fi­zie­ren.

Den­noch ge­lang es an­hand von In­schrif­ten, No­ti­zen, Ex­li­bris und Stem­peln, zu ei­ni­gen Bü­chern die ehe­ma­li­gen Be­sit­zer zu iden­ti­fi­zie­ren. Ne­ben Re­sti­tu­tio­nen an die jü­di­schen Ge­mein­den in Frank­furt am Main und Mün­chen konn­te ein Buch nach Eng­land ver­mit­telt wer­den. Die Emp­fän­ge­rin ist die En­ke­lin des ehe­ma­li­gen Be­sit­zers. Ei­nen Tag vor ih­rer Ab­rei­se mit ei­nem Kin­der­trans­port im Ju­li 1939 hat­te sie sich von ih­rem Groß­va­ter ver­ab­schie­det, ein Ab­schied für im­mer. Ihr Groß­va­ter wur­de spä­ter de­por­tiert und er­mor­det. Um­so grö­ßer war die Freu­de, als die über 90-Jäh­ri­ge im Ok­to­ber 2020 das Ge­bet­buch in den Hän­den hal­ten konn­te.

Ei­ni­ges konn­te er­mit­telt wer­den, zu man­chen Ex­po­na­ten gibt es neue Er­kennt­nis­se. „Wenn wir uns in die­sem Pro­jekt lei­der von et­was ver­ab­schie­den muss­ten, so war es die Idee, dass al­le Fäl­le auf­ge­klärt wer­den wür­den“, so Mu­se­ums­lei­te­rin Dr. Kath­rin Pie­ren. „Vie­le Fra­gen blei­ben auch nach Ab­schluss of­fen. An­hand ei­ner lücken­lo­sen Do­ku­men­ta­ti­on der Re­cher­chen in der Samm­lungs­da­ten­bank und dem trans­pa­ren­ten Um­gang mit of­fe­nen Fra­gen so­wie mit der Pfle­ge der Netz­wer­ke hof­fen wir aber, in Zu­kunft wei­te­re Fäl­le zu lö­sen und Ob­jek­te ih­ren recht­mä­ßi­gen Be­sit­zer:in­nen zu­rück­ge­ben zu kön­nen, das sind wir ih­nen schul­dig.“

Die Bro­schü­re kann zum Preis von 6 Eu­ro zzgl. Ver­sand beim Jü­di­schen Mu­se­um West­fa­len be­stellt wer­den. Mehr In­fos un­ter: htt­ps://www.jmw-dors­ten.de/