NS-Raubgut

Klassik Stiftung Weimar restituiert Liszt-Manuskripte an Erben in Argentinien

Die Klassik Stiftung Weimar hat einen weiteren Fall von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut abgeschlossen: Zwei Notenmanuskripte von Franz Liszt konnten restituiert werden, wie die Stiftung mitteilte. Die Manuskripte gehörten bis 1937 Emma Frankenbacher, einer Bürgerin jüdischer Herkunft, deren Rechtsnachfolger die Stiftung in Argentinien ausfindig machen konnte.

Bei den No­ten­ma­nu­skrip­ten han­delt es sich zum ei­nen um ei­ne von Liszt um­fas­send über­ar­bei­te­te Par­ti­tu­r­ab­schrift sei­nes 1. Kla­vier­kon­zer­tes Es-Dur. Sie gilt als letzt­gül­ti­ge Kom­po­si­ti­ons­fas­sung und dien­te dem Erst­druck als Stich­vor­la­ge. Das zwei­te Ma­nu­skript, ei­ne Ab­schrift des „Fest­lie­des zu Schil­lers Ju­bel­fei­er“, ent­hält ei­ne ei­gen­hän­di­ge Wid­mung Liszts

Em­ma Fran­ken­ba­cher, ge­bo­ren 1875, leb­te in Nürn­berg, als sie die No­ten­ma­nu­skrip­te En­de 1937 zum Kauf an­bot. Zu die­sem Zeit­punkt war die Ver­fol­gung der jü­di­schen Be­völ­ke­rung in Deutsch­land er­heb­lich ver­schärft wor­den, vie­le Ver­folg­te muss­ten ihr Hab und Gut ver­kau­fen. Das Goe­the-Na­tio­nal­mu­se­um, heu­te Teil der Klas­sik Stif­tung Wei­mar, er­warb die Ma­nu­skrip­te von Em­ma Fran­ken­ba­cher für ins­ge­samt 150 Reichs­mark. Erst wur­den sie im Liszt-Mu­se­um ver­wahrt, spä­ter in den Liszt-Be­stand des Goe­the- und Schil­ler-Ar­chivs über­führt. Em­ma Fran­ken­ba­cher wur­de 1942 nach The­re­si­en­stadt de­por­tiert, wo sie kurz dar­auf starb. Ih­rer Toch­ter und de­ren Ehe­mann war es zu­vor ge­lun­gen, sich nach Ar­gen­ti­ni­en zu ret­ten.

Im Rah­men ih­rer sys­te­ma­ti­schen Pro­ve­ni­enz­for­schung iden­ti­fi­zier­te die Klas­sik Stif­tung Wei­mar die bei­den No­ten­ma­nu­skrip­te als NS-ver­fol­gungs­be­dingt ent­zo­ge­nes Kul­tur­gut. Die Er­ben­su­che stell­te je­doch ei­ne Her­aus­for­de­rung dar. Fran­ken­ba­chers Toch­ter Eli­sa­beth Zim­mer hat­te selbst kei­ne Kin­der. Erst durch auf­wän­di­ge Re­cher­chen konn­te Kon­takt zu den Er­ben in Ar­gen­ti­ni­en her­ge­stellt wer­den, Eli­sa­beths Cou­sin und des­sen Fa­mi­lie.

Im Ja­nu­ar 2021 un­ter­zeich­ne­te die Klas­sik Stif­tung Wei­mar mit den Er­ben ei­ne Ver­ein­ba­rung über die Re­sti­tu­ti­on der Au­to­gra­phen. Auf­grund der Be­deu­tung der Wer­ke für die Stif­tung ver­ein­bar­ten bei­de Par­tei­en ei­nen Rück­kauf. So kön­nen die No­ten­hand­schrif­ten im Goe­the- und Schil­ler-Ar­chiv nun recht­mä­ßig be­wahrt wer­den. Den An­kauf er­mög­lich­ten Mit­tel der Thü­rin­ger Staats­kanz­lei so­wie die Un­ter­stüt­zung der Freun­des­ge­sell­schaft des Goe­the- und Schil­ler-Ar­chivs.

Seit 2010 über­prüft die Klas­sik Stif­tung ih­re Be­stän­de sys­te­ma­tisch auf NS-ver­fol­gungs­be­dingt ent­zo­ge­ne Kul­tur­gü­ter.
Mehr In­for­ma­tio­nen bie­tet ein Blog-Bei­trag der Klas­sik Stif­tung Wei­mar.