Es handelt sich um die Populär-wissenschaftlichen Monatsblätter zur Belehrung über das Judentum für Gebildete aller Konfessionen, eine kulturhistorische Zeitschrift des Mendelsohn-Vereins aus Frankfurt am Main, die der jüdische Theologe Adolf Brüll Ende des 19. Jahrhunderts herausgab. Die zehn Monatsheftchen für das Jahr 1891 beinhalten Aufsätze, die Aspekte der jüdischen Religion reflektieren. Das Jüdische Museum Westfalen erwarb das Exemplar beim Aufbau seiner Sammlung im Jahr 1988 über ein Antiquariat in Münster.
Im Einband des Buches konnten zwei aufschlussreiche Besitzerstempel identifiziert werden. Ein Stempel weist auf die „Bibliothek der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main“ als ursprüngliche Besitzerin hin. Das Exemplar ist eines der wenigen erhaltenen historischen Dokumente aus der am 6. November 1942 von den Nationalsozialisten aufgelösten Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main. Die Bibliothek der damaligen jüdischen Gemeinde Frankfurt umfasste im Jahr 1937 einen Bestand von nahezu 15.384 Exemplaren.
Ein Fotovergleich des Gemeindestempels mit einer historischen Aufnahme in der Datenbank fold3 bestätigte den Verdacht, dass es sich bei dem Buch um so genanntes NS-Raubgut handelt. Im Offenbach Archival Depot, der zentralen Sammelstelle für jüdische Kulturgüter nach 1945, dokumentierte der Direktor Joseph A. Horne den Stempel in der Kategorie „looted books“ (geraubte Bücher).
Auf der Innenseite des Bucheinbandes findet sich auch ein violetter Stempel mit dem hebräischen Wort הוצא (= herausgenommen). Es liegt nahe, dass das Buch nach der Dokumentation im Offenbach Archival Depot um 1949 als „Outshipment“ (Ausfuhr) durch die jüdische Treuhandorganisation Jewish Cultural Reconstruction nach Israel überführt wurde, dort in einen Bibliothekbestand kam und später in den Handel gelangte. Viele Bücher aus israelischen Beständen tragen diesen Stempel.
Die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main, ideelle Rechtsnachfolgerin aller in Frankfurt vor dem Nationalsozialismus ansässigen jüdischen Gemeinden, und das Jüdische Museum Westfalen möchten mit der Rückgabe für einen transparenten Umgang mit Objekten belasteter Provenienz sensibilisieren und der moralischen Verantwortung für jüdische Kulturgüter gerecht werden.
Link zum Jüdischen Museum Westfalen