Mehrere Personen vor einem Kulturobjekt
NS-Raubgut

Provenienzforschung in Heilbad Heiligenstadt

Der Museumsverband Thüringen e. V. stellt die Ergebnisse aus zwei Erstcheck-Projekten vor.

Die Provenienzforscherinnen des Museumsverbandes Thüringen e. V. haben im Literaturmuseum „Theodor Storm“ und im Eichsfeldmuseum in Heilbad Heiligenstadt nach Hinweisen auf NS-verfolgungsbedingten Entzug gesucht und nun ihre Ergebnisse vorgelegt.

Das Literaturmuseum „Theodor Storm“ gehört zu einem der 17 Museen des vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Erstcheck-Projektes des Museumsverbandes Thüringen e. V. auf der Suche nach NS-Raubgut. Damit unterstützt der Museumsverband Mitgliedsmuseen bei der Provenienzforschung, die nicht über die entsprechenden Ressourcen verfügen. Da das Literaturmuseum erst 1988 gegründet wurde, war es bis jetzt nicht gewiss, ob sich Erwerbungen aus der NS-Zeit im Sammlungsbestand befinden.

Der Erstcheck zeigte, dass es circa 1.000 Objekte im Museum gibt, die vor 1945 entstanden sind und damit NS-Raubgut sein könnten. Während der ersten kursorischen Prüfung an circa 150 Objekten fanden sich aber keine Hinweise auf unrechtmäßigen Entzug in der NS-Zeit. Weiterer Forschungsbedarf besteht laut Provenienzforscherin Mai Lin Tjoa-Bonatz, die die Recherchen für den Museumsverband durchführt, bei Inschriften, Widmungen und Exlibris in Büchern.

Im Eichsfeldmuseum Heilbad Heiligenstadt recherchierte Katharina Taxis, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Koordinierungsstelle Provenienzforschung des Museumsverbandes Thüringen e. V. Eine erste Prüfung belegte 463 Zugänge in das Museum zwischen 1933 und 1945. Bei dem Großteil ist die Herkunft und die Art der Erwerbung noch nicht eindeutig geklärt und bedarf weiterer Forschung, was insbesondere die Waffen und andere Gegenstände von vermutlich NS-Verfolgten betrifft. Beispielsweise gelangten zwei Fragmente einer Thora-Rolle in den 1960er-Jahren in das Museum. Ein Thora-Fragment wurde 1989 restituiert und an die Jüdische Landesgemeinde Thüringen übergeben, das andere befindet sich noch im Museum. Durch die Forschung konnten wichtige Provenienzetappen und Thesen zur Herkunft des Thora-Fragments zusammengetragen werden.

Durch beide Erstchecks wurden wertvolle Erkenntnisse zum jüdischen Leben, zur Shoah sowie zur Zwangsarbeit und Verfolgung durch das NS-Regime im Eichsfeld gewonnen. Die Museumsobjekte sind immer auch mit Biografien regionaler Persönlichkeiten sowie der Ortsgeschichte verbunden. Dieses Wissen möchte Dr. Gideon Haut, Direktor der städtischen Museen Heilbad Heiligenstadt, in die Dauerausstellungen der beiden Museen einfließen lassen.

Mit Hilfe der Erstchecks werden lediglich erste Prüfungen vorgenommen, sodass noch weiterer Forschungsbedarf besteht. Der Museumsverband Thüringen e. V. und die teilnehmenden Heiligenstädter Museen stehen dazu im Austausch.

Zum Förderprojekt: Auf der Suche nach NS-Raubgut an 17 Thüringer Museen