NS-Raubgut

SPK restituiert Statuette einer Maria Lactans an die Erben Jakob Goldschmidts

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) hat eine Statuette einer Maria Lactans (stillende Muttergottes) aus dem 16. Jahrhundert an die Erben des jüdischen Bankiers und Unternehmers Jakob Goldschmidt zurückgegeben.

Die Stif­tung Preu­ßi­scher Kul­tur­be­sitz (SPK) hat ei­ne Sta­tu­et­te ei­ner Ma­ria Lac­t­ans (stil­len­de Mut­ter­got­tes) aus dem 16. Jahr­hun­dert an die Er­ben des jü­di­schen Ban­kiers und Un­ter­neh­mers Ja­kob Gold­schmidt zu­rück­ge­ge­ben. Das Werk war 1936 für die Skulp­tu­ren­samm­lung der Staat­li­chen Mu­se­en zu Ber­lin (da­mals: Kö­nig­li­chen Mu­se­en) er­wor­ben wor­den und be­fand sich seit 1993 als Leih­ga­be im Mu­se­um Ulm.

Ja­kob Gold­schmidt (1882-1955) war ein be­deu­ten­der Ban­kier und Un­ter­neh­mer der Wei­ma­rer Re­pu­blik, der auch we­gen sei­nes jü­di­schen Glau­bens ver­folgt wur­de. Auf­grund sei­ner her­aus­ra­gen­den Rol­le im da­ma­li­gen Wirt­schafts­le­ben war er schon früh den Re­pres­sa­li­en der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten aus­ge­setzt. Im April 1933 flüch­te­te Gold­schmidt zu­nächst in die Schweiz und von dort aus 1936 nach New York. Er er­litt au­ßer­dem er­heb­li­che fi­nan­zi­el­le Nach­tei­le. 1940 wur­de ihm die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit ent­zo­gen, ein Jahr spä­ter sein in Deutsch­land ver­blie­be­nes Ver­mö­gen von den Na­zis ein­ge­zo­gen. Wenn auch nicht mehr in dem Ma­ße wie in Deutsch­land, ge­lang es Gold­schmidt sich wäh­rend der letz­ten Jah­re des Zwei­ten Welt­kriegs in den USA er­neut ei­ne Kar­rie­re auf­zu­bau­en und zahl­rei­che Kul­turein­rich­tun­gen zu för­dern. Er starb 1955 in New York.

Ja­kob Gold­schmidt hat­te seit dem Ers­ten Welt­krieg ei­ne um­fang­rei­che Kunst­samm­lung auf­ge­baut. Nach sei­ner Emi­gra­ti­on konn­te er ei­nen Teil da­von über die Nie­der­lan­de aus­füh­ren, so et­wa Wer­ke von Im­pres­sio­nis­ten und die Por­zel­lan­samm­lung. Ein großer Teil der Samm­lung, der zwi­schen­zeit­lich auch als Kre­dit­si­cher­heit ver­wen­det wur­de, ver­blieb je­doch in Ber­lin und wur­de in ver­schie­de­nen Auk­tio­nen ver­stei­gert. Die Sta­tu­et­te ei­ner Ma­ria Lac­t­ans be­fand sich in Gold­schmidts Stadt­vil­la im Ber­li­ner Tier­gar­ten­vier­tel, die mit zahl­rei­chen Re­naissance­wer­ken aus­ge­stat­tet war. Das Haus wur­de im Ju­li 1933 ver­kauft, die Kunst­wer­ke in sein Bü­ro ver­bracht.

Am 23.6.1936 wur­den im Auk­ti­ons­haus Hu­go Hel­bing rund 300 Wer­ke aus Gold­schmidts Samm­lung an­onym ver­stei­gert. Die Ma­ria Lac­t­ans wur­de als Los-Nr. 41 auf­ge­ru­fen. Der Kunst­händ­ler Jo­han­nes Hin­rich­sen, der die Sta­tu­et­te auf der Auk­ti­on für 8.000,- RM er­warb, ver­kauf­te sie noch im sel­ben Jahr an die Skulp­tu­ren­samm­lung der Staat­li­chen Mu­se­en zu Ber­lin.

Die­se Ver­stei­ge­rung ist als ver­fol­gungs­be­ding­ter Ver­mö­gens­ver­lust im Sin­ne der Wa­shing­to­ner Prin­zi­pen ein­zu­ord­nen.

Auch wenn nicht mehr al­le Um­stän­de voll­stän­dig re­kon­stru­iert wer­den kön­nen, steht fest, dass Ja­kob Gold­schmidt Ver­fol­gungs­maß­nah­men aus­ge­setzt war, durch die er er­heb­li­che fi­nan­zi­el­le Nach­tei­le er­litt. Vor al­lem die Dresd­ner Bank ver­hielt sich ihm ge­gen­über zu­neh­mend un­ko­ope­ra­tiv und ver­ei­tel­te so ei­ne ein­ver­nehm­li­che Re­ge­lung sei­ner Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se. Auf­grund die­ser Ent­wick­lung war Ja­kob Gold­schmidt ge­zwun­gen, die Ver­wer­tung ei­nes großen Teils sei­ner Kunst­samm­lung, ein­schließ­lich der Ma­ria Lac­t­ans, zu ak­zep­tie­ren. Vor die­sem Hin­ter­grund hat die SPK die Sta­tu­et­te nun re­sti­tu­iert.