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NS-Raubgut

Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Bayerische Staatsgemäldesammlungen erinnern an Opfer des NS-Kunstraubs

Erinnerungsprojekt er­zählt von jü­di­schen Men­schen, die einst das Kul­tur­le­ben Deutsch­lands maß­geb­lich ge­prägt ha­ben, dann aber von den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten ver­femt, ent­rech­tet, ver­folgt, be­raubt und er­mor­det wur­den
Deutsches Zentrum Kulturgutverluste

Die Stif­tung Preu­ßi­scher Kul­tur­be­sitz mit dem Zen­tralar­chiv der Staat­li­chen Mu­se­en zu Ber­lin und die Baye­ri­schen Staats­ge­mäl­des­amm­lun­gen ha­ben ein Er­in­ne­rungs­pro­jekt ge­star­tet, das aus dem Etat der Be­auf­trag­ten der Bun­des­re­gie­rung für Kul­tur und Me­di­en mit 690.000 Eu­ro ge­för­dert wird. Es er­zählt von jü­di­schen Men­schen, die einst das Kul­tur­le­ben Deutsch­lands maß­geb­lich ge­prägt ha­ben, dann aber von den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten ver­femt, ent­rech­tet, ver­folgt, be­raubt und er­mor­det wur­den. Bei­de Ein­rich­tun­gen rich­ten da­mit den Fo­kus nicht mehr nur auf Wer­ke, die als Er­geb­nis der Pro­ve­ni­enz­for­schung re­sti­tu­iert wer­den, son­dern auf die vie­len Le­bens­ge­schich­ten von teil­wei­se un­be­kann­ten Kunst­samm­ler:in­nen, de­nen die Stücke einst ge­hör­ten. Zu­sam­men mit dem Baye­ri­schen Rund­funk und dem Rund­funk Ber­lin-Bran­den­burg soll die­sen Men­schen ein fil­mi­sches Denk­mal ge­setzt wer­den. Es ent­steht ei­ne ei­ge­ne Pro­jekt­web­si­te als mul­ti­me­dia­le Me­dia­thek der Er­in­ne­rung.

Zur Auf­takt­ver­an­stal­tung des Pro­jek­tes im Bo­de-Mu­se­um er­klär­te Kul­tur­staats­mi­nis­te­rin Clau­dia Roth: „Hin­ter je­dem ge­raub­ten oder ent­eig­ne­ten Kunst­werk steht die Le­bens­ge­schich­te und das er­lit­te­ne Un­recht ei­nes Men­schen. Die­sen Bio­gra­fi­en hin­ter den ge­raub­ten Kunst­wer­ken nach­zu­ge­hen, die Viel­falt jü­di­schen Le­bens in der deut­schen Ge­sell­schaft vor 1933 aus­zu­leuch­ten, er­mög­licht uns ein wich­ti­ges Er­in­nern für die Zu­kunft und bleibt ei­ne wich­ti­ge ge­samt­ge­sell­schaft­li­che Auf­ga­be. Mit dem Pro­jekt ‚Kunst, Raub und Rück­ga­be‘ leis­ten die SPK und die Baye­ri­schen Staats­ge­mäl­des­amm­lun­gen ge­mein­sam mit dem Baye­ri­schen Rund­funk und dem Rund­funk Ber­lin-Bran­den­burg hier­für ei­nen wich­ti­gen Bei­trag. Das Pro­jekt steht für un­se­re fort­wäh­ren­de Ver­ant­wor­tung, den NS-Kunst­raub und die Mensch­heits­ver­bre­chen der Shoah kon­se­quent auf­zu­ar­bei­ten und das Er­in­nern dar­an le­ben­dig zu er­hal­ten und all­ge­mein zu­gäng­lich zu ma­chen.“

Die Me­dia­thek wird im Früh­som­mer 2023 mit den ers­ten fünf Le­bens­ge­schich­ten on­line ge­hen, die an­hand von Tex­ten, Bil­dern, Fil­men, Kar­ten und Au­dio­ele­men­ten mul­ti­me­di­al er­zählt und im wei­te­ren Pro­jekt­ver­lauf suk­zes­si­ve um wei­te­re Le­bens­ge­schich­ten er­gänzt wer­den. Bis En­de 2024 sol­len 30 Per­sön­lich­kei­ten in der Me­dia­thek vor­ge­stellt wer­den.

So wird zum Bei­spiel die Ge­schich­te von Fried­rich Gutts­mann er­zählt: Gutts­mann (1888-1959) war Kauf­mann und Han­dels­ver­tre­ter, auf­grund sei­ner jü­di­schen Ab­stam­mung ver­lor er nach 1933 sei­ne An­stel­lung und die Fa­mi­li­en­woh­nung in Ber­lin, die fi­nan­zi­el­le Not­la­ge zwang ihn zum Ver­kauf sei­nes Mo­bi­li­ars und sei­ner Kunst­ge­gen­stän­de. Gutts­mann über­leb­te die NS-Zeit un­ter an­de­rem we­gen sei­ner „pri­vi­le­gier­ten Misch­ehe“ mit der Pro­tes­tan­tin Hen­ri­et­te Fran­zis­ka. Sei­ne Söh­ne konn­ten Deutsch­land 1939 nach Schwe­den ver­las­sen. Fried­rich Gutts­mann folg­te mit sei­ner Ehe­frau im Jahr 1948 dort­hin. Die SPK re­sti­tu­ier­te 2019 ei­ne Zeich­nung aus sei­nem Be­sitz an sei­ne Nach­fahr:in­nen.