Die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha hat sich entschieden, die Schädel nicht zu zeigen und stattdessen ihre Leerstelle in den Blick genommen.
Koloniale Kontexte

Stiftung Schloss Friedenstein Gotha schließt Projekt zur Provenienz von 41 Schädeln aus Indonesien ab

Die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha hat die Provenienz von insgesamt 41 menschlichen Schädeln untersucht, die während der Kolonialzeit in die herzogliche Sammlung kamen. Das Projekt „Provenienz und Geschichte der Sammlung indonesischer Schädel der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha“ wurde vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert. Von indonesischer Seite unterstützte das Institut für Dayakstudien-21 in Palangka Raya im Süden Borneos die Forschung.

33 Schä­del sind noch vor­han­den und konn­ten nä­her un­ter­sucht wer­den. Der Ver­bleib von acht Schä­deln ist nicht ge­klärt, ei­ni­ge An­ga­ben in den Mu­se­ums­un­ter­la­gen konn­ten nicht über­prüft und ei­ni­ge Iden­ti­tä­ten nicht re­kon­stru­iert wer­den. 19 Men­schen, de­ren Schä­del sich in Go­tha be­fin­den, konn­te je­doch ein Na­me zu­ge­ord­net wer­den: Fro­bo­lo, Ab­dul Rah­man, Tjia Ah-Su, Ka Apat, Bi Ah-Boie, Yi Seng, Djë­na­gan Ahsan, Si­mi­en, In­di­an oder En­dang, Au­gust, Thing Ho, An­ang, Int­je Don­gar, Tji­mat, Goe­s­ti Koe­sin, Be­sie, Jo­han­nes Lu­me­ke, Bo', Ma­tahé. Zum Groß­teil han­del­te es sich um jun­ge Män­ner zwi­schen 18 und 35 Jah­re. Ein Schä­del stammt von ei­ner Frau, die mit ma­xi­mal 30 Jah­ren ver­starb.

Her­zog Ernst II. von Sach­sen-Co­burg und Go­tha (1818–1893) be­kam die Schä­del zwi­schen 1862 und 1880 ge­schenkt. Sie las­sen sich zwei­fels­frei ei­nem ko­lo­nia­len Kon­text aus Nie­der­län­disch-In­di­en zu­ord­nen. Im Lau­fe des Pro­jekts hat sich ge­zeigt, wie eng ei­ne ver­meint­lich pe­ri­phe­re her­zog­li­che Samm­lung mit der Er­obe­rung ko­lo­nia­ler Ge­bie­te ver­floch­ten ist.

Meh­re­re Schä­del wei­sen Spu­ren von Ge­walt­ein­wir­kung um den To­des­zeit­punkt her­um auf. In zwei Fäl­len, bei wahr­schein­lich hin­ge­rich­te­ten Per­so­nen, deu­ten an­thro­po­lo­gi­sche Un­ter­su­chun­gen zu­dem auf Prak­ti­ken des Prä­sen­tie­rens der Leich­na­me nach ih­rem Tod hin. Wei­te­re Ver­let­zun­gen las­sen sich ver­mut­lich auf Kämp­fe zu­rück­füh­ren. Vie­le der Schä­del wei­sen Spu­ren chro­ni­scher Man­gel- oder In­fek­ti­ons­krank­hei­ten auf. Da vie­le der Män­ner ge­fan­gen­ge­nom­me­ne Frei­heits­kämp­fer wa­ren, le­gen die­se Be­fun­de ei­nen Zu­sam­men­hang mit län­ge­ren Auf­ent­hal­ten in Ge­fäng­nis­sen oder Ge­fäng­niss­pi­tä­lern na­he.

Die Stif­tung Schloss Frie­den­stein Go­tha strebt ei­ne Re­pa­tri­ie­rung der Schä­del an und regt an, ei­ne in­ter­na­tio­na­le Ar­beits­grup­pe ins Le­ben zu ru­fen, die in Ko­or­di­na­ti­on mit der in­do­ne­si­schen Re­pa­tri­ie­rungs­kom­mis­si­on al­le nächs­ten Schrit­te un­ter­nimmt. Im Al­lein­gang und oh­ne ei­ne aus­drück­li­che For­de­rung oder Bit­te aus In­do­ne­si­en sei die Re­pa­tri­ie­rung je­doch nicht mög­lich, so die Stif­tung.

Kurz­fil­me, In­ter­views, Vor­trä­ge, Ge­sprächs­for­ma­te und In­fo­fil­me zum Pro­jekt sind un­ter www.frie­den­stein.eu/hu­man-re­mains zu fin­den. Au­ßer­dem hat die Stif­tung das Ma­ga­zin „Men­schen – Hu­man Re­mains in der Stif­tung Schloss Frie­den­stein Go­tha“ ver­öf­fent­licht, das frei her­un­ter­ge­la­den wer­den kann.