Koloniale Kontexte

Working Paper zu Rückgabeforderungen und Rückgaben von Kultur- und Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste hat eine Übersicht der Rückgabeforderungen und Rückgaben von Kultur- und Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zwischen 1970 und 2021 veröffentlicht.

Die Un­ter­su­chung der Eth­no­lo­gin Rik­ke Gram und der Kunst­his­to­ri­ke­rin Zoe Schoofs zeigt, dass in die­sem Zeit­raum an ca. 30 west- und ost­deut­sche öf­fent­li­che In­sti­tu­tio­nen (Mu­se­en und Uni­ver­si­täts­samm­lun­gen) Rück­ga­be­for­de­run­gen in Be­zug auf kon­kre­te Ob­jek­te und/oder mensch­li­che Über­res­te her­an­ge­tra­gen wur­den. Be­trof­fen wa­ren ana­to­mi­sche/an­thro­po­lo­gi­sche, na­tur­his­to­ri­sche, ar­chäo­lo­gi­sche/prä­his­to­ri­sche, eth­no­lo­gi­sche und (kul­tur-)his­to­ri­sche Samm­lun­gen. Die Rück­ga­be­for­de­run­gen ka­men aus ca. 20 ver­schie­de­nen Län­dern. Die Un­ter­su­chung schlüs­selt Rück­ga­ben bzw. Rück­ga­be­for­de­run­gen nach Län­dern und In­sti­tu­tio­nen auf und be­schreibt die ein­zel­nen, oft sehr un­ter­schied­lich ge­la­ger­ten Fäl­le in Kür­ze.

Mensch­li­che Über­res­te von mehr als 400 In­di­vi­du­en wur­den nach den Er­kennt­nis­sen der Au­to­rin­nen zwi­schen 1991 und 2021 vor al­lem an Na­mi­bia, Neu­see­land und Aus­tra­li­en re­pa­tri­iert, ei­ni­ge we­ni­ge auch nach Bra­si­li­en, Ja­pan, Pa­ra­guay, Tan­sa­nia und USA be­zie­hungs­wei­se Ha­wai’i. In fünf Fäl­len konn­ten mensch­li­che Über­res­te durch Pro­ve­ni­enz­for­schung be­reits vor der Rück­ga­be na­ment­lich iden­ti­fi­ziert wer­den.

Im Be­reich von Kul­tur­gut wur­den zwi­schen 1996 und 2021 ca. 17 Ein­ze­l­ob­jek­te (oder de­ren Frag­men­te) aus öf­fent­li­chen In­sti­tu­tio­nen zu­rück­ge­ge­ben: So wur­den bei­spiels­wei­se neun Ob­jek­te nach Alas­ka/USA re­sti­tu­iert; fünf Ob­jek­te kehr­ten nach Na­mi­bia zu­rück - vier da­von stamm­ten aus dem Be­sitz des Wi­der­stands­kämp­fers Hen­drik Wit­booi. Wei­te­re Rück­ga­ben her­aus­ra­gen­der Ein­ze­l­ob­jek­te und ih­rer Frag­men­te er­folg­ten nach Ägyp­ten, in die Tür­kei und nach Zim­bab­we. Re­sti­tu­ti­ons­fra­gen wur­den zu­dem mit ei­ner Rei­he wei­te­rer Län­der er­ör­tert, dar­un­ter Ka­me­run, Ko­lum­bi­en, Myan­mar, Ni­ge­ria und Sri Lan­ka; dies er­folg­te in ei­ni­gen Fäl­len be­reits in den 1970er Jah­ren. Das Wor­king Pa­per er­wähnt auch ein­zel­ne Rück­ga­ben aus pri­va­tem Be­sitz bzw. dem Be­sitz von Missi­ons­ge­sell­schaf­ten.

Die Über­sicht ist in der Rei­he „Wor­king Pa­per Deut­sches Zen­trum Kul­tur­gut­ver­lus­te“ auf der Pu­bli­ka­ti­ons­platt­form der Max We­ber Stif­tung www.per­spec­ti­via.net er­schie­nen und steht dort un­ter der DOI 10.25360/01-2022-00019 kos­ten­frei zum Dow­n­load be­reit.

Das Wor­king Pa­per ba­siert auf ei­ner sechs­mo­na­ti­gen wis­sen­schaft­li­chen Re­cher­che der Au­to­rin­nen, die durch die lücken­haf­te Quel­len­la­ge not­wen­dig wur­de. Da in Deutsch­land bis­her kein of­fi­zi­el­les Ver­zeich­nis von Rück­ga­ben von Kul­tur- und Samm­lungs­gut aus ko­lo­nia­len Kon­tex­ten exis­tiert, wur­den für die Über­sicht vor al­lem (po­pu­lär-)wis­sen­schaft­li­che Li­te­ra­tur und Me­dien­be­rich­te aus­ge­wer­tet; au­ßer­dem wur­de, wenn mög­lich, Kon­takt zu den Be­tei­lig­ten auf­ge­nom­men. Das Wor­king Pa­per 3 schließt an das Wor­king Pa­per 1, „Re­turns of Cul­tu­ral Ar­te­facts and Hu­man Re­mains in a (Post)co­lo­ni­al Con­text. Map­ping Claims bet­ween the Mid-19th Cen­tu­ry and the 1970s“, des His­to­ri­kers Lars Mül­ler (DOI: 10.25360/01-2021-00017) an.