Der Kauf der Bibliothek von Elise und Helene Richter durch die USB Köln im "Dritten Reich"

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Universitäts- und Stadtbibliothek Köln
Bundesland:
Nordrhein-Westfalen
Projekttyp:
Kurzfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Wissenschaftliche Bibliotheken waren in der Zeit des Nationalsozialismus häufig Depotbibliotheken für beschlagnahmtes Bibliotheksgut von aufgelösten Organisationen, Vereinen, Schulen u.a. Einrichtungen. Neben der beschlagnahmten verbotenen Literatur wurden den Bibliotheken auch Bücher aus Enteignungen sowie Bücher von Privatpersonen, die zu Verkäufen gezwungen waren, um überleben zu können, zugeführt. Das Aufspüren und Erkennen dieser meist einzelnen Bücher insbesondere aus Privatbibliotheken ist allerdings aufgrund der heute selten vorhandenen Erwerbungsakten dieser Zeit und den meist fehlenden Besitzeinträgen eher selten.

Im Bestand der USB Köln befinden sich wahrscheinlich Bücher aller oben genannten Zugangsarten. Hinzu kommen Bestände aus nach dem Krieg aufgelösten NS-Organisationen. Genaue Zahlen lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht nennen. Die damals erworbenen Bücher wurden in der Regel in den Bestand eingearbeitet, d.h. sie wurden in die entsprechende Aufstellungssystematik übernommen und tauchten somit im Bestand der Bibliothek unter. Wie kann man nun betroffene Werke identifizieren? Die naheliegenste Möglichkeit, die Sichtung der Zugangsbücher, ist in der USB Köln nicht mehr möglich. Die Akzessionsjournale und Erwerbungsakten sind als Kriegsfolge verschollen. Somit fehlt das systematische Nachweisinstrument, um verdächtige Lieferanten zu ermitteln. Bücher, die erst nach dem Krieg inventarisiert wurden, lassen sich in den Zugangsbüchern nachweisen. Da aber bis heute auch antiquarisch erworben wird, bedeutet das, eine Suche müsste über alle Journale bis zum heutigen Tag erfolgen. Erschwerend kommt hinzu, dass die USB Köln einen umfangreichen Bestand an Büchern besitzt, der erst in den achtziger Jahren inventarisiert werden konnte. Darunter befanden sich auch Bücher, die im Zeitraum 1942 1945 in die USB gelangt waren. In Ermangelung der genauen Kenntnis der damaligen Erwerbungsumstände hat man diese Bücher als „Geschenk inventarisiert. Eine andere Schwierigkeit ist, die Provenienz anhand der Bücher selbst nachzuweisen. In vielen Fällen war es nötig, die Bücher neu zu binden. Oftmals sind dabei die Merkmale der früheren Besitzer nicht erhalten geblieben. Da eine Analyse der Bestände der USB ab 1938 per Autopsie unmöglich ist, handelt es sich bei den wenigen Fundstücken um Zufallsfunde. Die bisher gefundenen Bücher stammen nicht aus Privatbesitz, sondern aus dem Besitz von Organisationen, die von den Nationalsozialisten verboten und aufgelöst wurden.

Nachweislich erwarb die USB Köln die Privatbibliothek von Elise und Helene Richter aus Wien. Die Bearbeitung dieser Bibliothek bildete in den Jahren 2005-2008 den Schwerpunkt der NS-Provenienzforschungsarbeit in der USB Köln: Virtuelle Bibliothek Elise und Helene Richter.

Die Forschungsergebnisse der Recherche, Rekonstruktion und Dokumentation der Bibliothek der jüdischen Wiener Philologinnen Elise und Helene Richter wurden im Januar 2009 in der Buchveröffentlichung „Bücherspuren und einer gleichnamigen großen Ausstellung präsentiert.

Die Bücher aus der Bibliothek von Elise und Helene Richter sowie alle weiteren Fundstücke, bei denen es sich wahrscheinlich um NS-Raubgut handelt, wurden an die Lost Art-Datenbank gemeldet.

(c) Universitäts- und Stadtbibliothek Köln

Veröffentlichungen:
Hoffrath: Bücherspuren. Das Schicksal von Elise und Helene Richter und ihrer Bibliothek im "Dritten Reich", 2009.
Ausstellungen:
Bücherspuren - Das Schicksal von Elise und Helene Richter und ihrer Bibliothek im "Dritten Reich"