Die MfS-Aktion "Licht" 1962

Förderbereich:
SBZ / DDR
Zuwendungs­empfänger:
Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung
Bundesland:
Sachsen
Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Bei der Aktion "Licht" im Januar 1962 ging es um die Durchsuchung von ungenutzten Schließfächern, Tresoren und Safes in Banken und in ehemaligen Finanzinstituten in der DDR. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) entnahm Wertgegenstände und Wertpapiere, Antiquitäten, Schmuck und Kunstwerke sowie Unterlagen aus der NS-Zeit und verbrachte diese anschließend in das Finanzministerium, um Devisen zu erwirtschaften.

Überwiegend handelte es sich um Schmuck, Bestecke, Briefmarkensammlungen, Glaswaren und Porzellane. Das gemeinsam von Mitarbeitern des MfS und der Tresorverwaltung des Finanzministeriums erstellte Übergabe-/Übernahme-Protokoll umfasst außerdem etwa 150 Gemälde, 100 Kupferstiche und Radierungen, 110 Handschriften und historische Dokumente.

In finanzieller Hinsicht kann die Aktion "Licht" als Fehlschlag bezeichnet werden. Dessen ungeachtet bestand der Zugewinn für das MfS neben Unterlagen aus der Zeit des Nationalsozialismus und Informationen über die in den Westen geflüchteten Personen darin, dem Ministerium der Finanzen (MdF) Sicherheitsmängel und Defizite bei der politischen Kontrolle im Bankensektor nachgewiesen zu haben.

Im Projekt wurden die Voraussetzungen des Entzugs von Kunst- und Kulturgut, die konkreten Abläufe, die einbezogenen Behörden, die Verantwortlichen und Beteiligten, nicht zuletzt die Motive aller Akteure aus dem Vorfeld und im Verlauf der Aktion "Licht" untersucht. Über diesen Komplex hinaus zielten weitere Fragen auf die Kunstexperten und anderen Sachverständigen, die das MfS heranzog, um den Wert der beschlagnahmten Gegenstände zu ermitteln. Lassen sich die Wege bis zum heutigen Verbleib des Kunst- und Kulturgutes verfolgen? Finden sich Spuren zu den Käufern, Kontakte, Verbindungen? Diesen Fragen und anderen Problemen beim Entzug von Kunst- und Kulturgut in der DDR, bei der Erschließung von Quellen, bei ihrer Interpretation und historischen Kontextualisierung muss auch künftig weiter nachgegangen werden.

Die Einbeziehung zahlreicher, zuvor nicht berücksichtigter Quellenbestände in die wissenschaftliche Aufarbeitung ermöglichte ein tieferes Eindringen in das Forschungsfeld, woraus sich Optionen der objektbezogenen Quellensuche in Kunstsammlungen und Museen ergaben. Das betrifft etwa Bestände der Staatsarchive wie Aktenüberlieferungen von Altbanken, die nicht erschlossen sind, und die dienstliche Korrespondenz der Archive über die Entnahme von Akten und über Aktenzugänge.

In der Aufarbeitung der "MfS-Aktion ‚Licht 1962" zeigte sich, dass der Entzug von Kunstwerken und Kulturgütern in der SBZ/DDR einen Forschungskomplex bildet, für den die prinzipielle Beachtung interdependenter Rückbindungen des Kultursektors in die Politik der SED und der DDR-Staatorgane elementare Bedeutung hat. Diesbezüglich konnten aus den Quellen wesentliche Zusammenhänge herausgearbeitet werden. Ebenso erforderlich ist die ergänzende Recherche lokaler Rahmenbedingungen und der persönlichen Beziehungsgeflechte von Akteuren.

(c) Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V.