Erwerbungen für das Braunschweigische Landesmuseum (vormals Vaterländisches Museum / ab 1935 Braunschweigisches Landesmuseum für Geschichte und Volkstum unter Johannes Dürkop) zwischen 1930 und 1944

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Braunschweigisches Landesmuseum
Bundesland:
Niedersachsen
Ansprechpartner:
Dr. Kirsten Bernhardt

PositionWissenschaftliche Mitarbeiterin, Sammlungen und Forschung

Tel.+49 (0) 531 121 526 36

E-Mailk.bernhardt@3landesmuseen.de

Projekttyp:
Kurzfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Das Braunschweigische Landesmuseum (BLM) hat die Erwerbungen des Hauses von 1930 bis 1944 in einem von Oktober 2014 bis April 2015 dauernden Kurzprojekt im Hinblick auf NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter untersuchen lassen. Der zugrunde gelegte Untersuchungszeitraum begründet sich zum einen aus der frühen Regierungsbeteiligung der NSDAP im Land Braunschweig seit Oktober 1930 und zum anderen aus dem letzten Eintrag in den Zugangsbüchern des BLM vor En-de des Zweiten Weltkriegs vom Januar 1944.

Die Bestandsüberprüfung bezog sich dementsprechend auf alle 1.101 Erwerbungen (einschließlich diverser, teils umfangreicher Konvolute) vom 1. Oktober 1930 an bis zum 12. Januar 1944. Die Erwerbungen sind in den Zugangsbüchern 7 und 8 des BLM unter den Signaturen ZG 2977 bis ZG 4077 verzeichnet. Die Bandbreite der in dieser Zeitspanne erworbenen Objekte ist sehr groß. Sie reicht von Gemälden über Militaria bis zu volkskundlichen Objekten und deckt einen weiten Bereich der braunschweigischen Landesgeschichte ab.

Nicht mit einbezogen in das Projekt waren die umfangreichen Erwerbungen der Abteilung für Ur- und Frühgeschichte des BLM (Zweigmuseum Kanzlei Wolfenbüttel). Die archäologischen Objekte des BLM sind in einem anderen Kontext zu sehen, der mit dem zwar weitgehend eingerichteten, aber kriegsbedingt nicht eröffneten Haus der Vorzeit zusammenhängt und einer gesonderten Untersuchung bedarf.

Zu den relevanten handelnden historischen Personen auf Braunschweiger Seite gehörten der nationalsozialistische Braunschweigische Ministerpräsident Dietrich Klagges (1891-1971) sowie die Direktoren des Vaterländischen Museums/Braunschweigischen Landesmuseums Karl Steinacker (1872-1944, Direktor 1910-1935) und Johannes Dürkop (1905-1945, Direktor 1935-1945). Unter den Händlern, von denen das Museum Objekte angekauft hat, sind der Kunsthändler Erich Pfeiffer (gest. 1965), Hannover, und der Handschriften- und Autografensammler Walter Kittler (1894-1976), Dresden, hervorzuheben.

Der überwiegende Teil der Erwerbungen des BLM in der Zeit von 1930 bis 1944 setzt sich aus bürgerlichen Zuwendungen (Schenkungen, Stiftungen, Nachlässe etc.) zusammen, die aus dem jeweiligen familiären Umfeld der Schenker und Schenkerinnen zu stammen scheinen. Verdachtsmomente auf NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter haben sich bisher nur in sehr wenigen, sehr speziellen und teils komplizierten Einzelfällen registrieren lassen. NS-verfolgungsbedingte Entziehungen von Kulturgütern aus dem Vorbesitz von Juden konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Die Verdachtsmomente konzentrieren sich besonders auf „gleichgeschaltete bzw. aufgelöste bürgerliche, gewerkschaftlich-berufsständische, logenartige und politische Vereinigungen. Provenienzgeschichtliche Fragen bleiben auch bei den vergleichsweise wenigen Ankäufen des BLM im Handel offen. Das gleiche gilt für einzelne Objekte, die dem BLM vom Finanzministerium überreicht worden sind.

Ein konkreter Fall liegt vor, bei dem es in den Fünfzigerjahren bereits ein Verfahren vor einer Wiedergutmachungskammer gegeben hat. Der Fall betrifft eine Vereinigung und hat eine ungewöhnliche und komplizierte Sachlage. Das Objekt, um das es dabei geht, ist eine historische Waffe, deren eindeutige Identifizierung noch Probleme bereitet. Das BLM wird in dieser Sache die notwendigen Schritte einleiten.

Es ist angedacht, die vorliegenden Rechercheergebnisse in einer Publikation zu veröffentlichen.

(c) Braunschweigisches Landesmuseum