Klärung der Herkunft von menschlichen Überresten, vermutlich Aboriginal ancestral Remains, im Museum der Stadt Alfeld

Förderbereich:
Koloniale Kontexte
Zuwendungs­empfänger:
Stadt- und Tiermuseum Alfeld
Bundesland:
Niedersachsen
Projekttyp:
Kurzfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Im Rahmen eines vom Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste kurzfristig geförderten „Erstcheck“-Projektes, welches auf die Identifizierung von NS-Raubgut abzielte, wurden 2016 im Stadt- und Tiermuseum Alfeld Ethnografika mit ungeklärter oder auffälliger Herkunft – möglicherweise aus kolonialen Kontexten – identifiziert (Riemenschneider 2017). Während eines dann ebenfalls vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten längerfristigen Folgeprojektes zur näheren Klärung von Objekten mit potenziell problematischen Provenienzen wurden im Magazin des Museums sieben menschliche Schädel ohne Herkunftsangaben aufgefunden (Riemenschneider 2019). Ein Schädel, der mit verschiedenen Aufschriften versehen ist – darunter eine rassistische Bezeichnung, die auf eine australische Herkunft hindeutet – wurde bereits 2019 den australischen Behörden gemeldet.

Neben den menschlichen Überresten fiel auch ein Schreiben des ehemaligen Museumsleiters Wilhelm Barner an ein „Fräulein Thege“ im Stadtarchiv auf (Stadtarchiv Alfeld, Karton 1, Mappe 3, Schriftwechsel April-Dezember 1945). In diesem wird ein Schädel aus dem Nachlass von Alois Brandmüller (1867-1939) thematisiert, den das Museum erworben hatte. Demzufolge stand in Frage, ob es sich dabei um den oben genannten Schädel australischer Herkunft handeln könnte.

Alois Brandmüller stellt eine zentrale Figur in der Geschichte des Stadt- und Tiermuseums dar. Der Lehrer und autodidaktische Tierpräparator engagierte sich ab 1917 für die Errichtung eines Heimatmuseums in Alfeld.

Spätestens ab 1928 stellte er dafür zahlreiche Tierpräparate her, die in dem 1933 eröffneten Museum ausgestellt wurden. Es liegt nahe, dass Brandmüller die teilweise „exotischen“ Tiere durch Kontakt zu den ebenfalls in Alfeld ansässigen Tierhandelsfirmen Reiche und Ruhe – welche auch Tiere aus Australien importierten – erhielt. Ob auf diesem Wege auch menschliche Überreste nach Alfeld kamen, bleibt zu prüfen. Eine weitere zu untersuchende Verbindung des Tierhandels zum Stadt- und Tiermuseum stellt Alfred Glenewinkel dar. Er war einige Jahre für die Firma Ruhe beschäftigt und sammelte darüber hinaus Ethnografika, die er 1996 dem Museum als Nachlass hinterließ.

Im Rahmen dieses Projektes sollte die Herkunft der sieben Schädel im Magazin näher untersucht werden.

Besonderes Augenmerk lag dabei auf zwei mit hoher Wahrscheinlichkeit Aboriginal Ancestral Remains. Eine Kombination aus anthropologischer Untersuchung und historiographischen Recherchen sollte weitere Aufschlüsse geben und eine angestrebte Rückgabe an Australien (sowie ggf. weitere Herkunftsländer bzw. -gesellschaften) vorbereiten.

(c) Museum der Stadt Alfeld