Modellprojekt: Identifizierung von NS-Raubgut in technikhistorischen Sammlungen

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Deutsches Technikmuseum
Bundesland:
Berlin
Ansprechpartner:
Peter Schwirkmann

PositionProjektleiter

Tel.030 902 54 157

E-Mailschwirkmann@technikmuseum.berlin

Peter Prölß

PositionProjektbearbeiter

Tel.030 902 54 457

E-Mailproelss@technikmuseum.berlin

Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Das Modellprojekt „Identifizierung von NS-Raubgut in technikhistorischen Sammlungen“ entwickelte eine Strategie, mithilfe derer das Deutsche Technikmuseum sinnvoll und effizient an die systematische Identifizierung von NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgütern herangehen kann. Zu diesem Zweck wurden eine Ersteinschätzung seiner Bestände vorgenommen und Methoden zur Provenienzforschung bei technischen Kulturgütern entwickelt.

Das Deutsche Technikmuseum wurde 1982 als Museum für Verkehr und Technik gegründet. Aufbauend auf Beständen historischer Einrichtungen wurden durch Ankäufe von Spezialsammlungen, Einzelankäufe über Auktionshäuser, Händler und Privatpersonen sowie durch Schenkungen die Grundlagen der heutigen Sammlungen geschaffen.

Die Sammlungen des Deutschen Technikmuseums zeichnen sich durch eine große Objektdiversität aus. Neben Großobjekten, wie Lokomotiven, Flugzeugen und Schiffen, finden sich hier auch zahlreiche Gegenstände des Alltagslebens, wie Radios, Schreibmaschinen, Fahrräder oder Fotoapparate. Neben diesen im eigentlichen Sinne technischen Objekten sammelte es auch Gemälde, Archivalien und Bücher, die überwiegend im Archiv und der Bibliothek aufbewahrt werden. Von den etwa 74.000 inventarisierten Objekten und Konvoluten im Museumsbestand wurden nach aktuellen Kenntnisstand rund 17.000 vor 1945 hergestellt, für Archiv und Bibliothek liegen bislang noch keine genauen Zahlen vor. Nur bei wenigen Objekten konnte auf Grund ihrer Gebrauchsgeschichte von einer tieferen Recherche abgesehen werden, beispielsweise wenn es sich um Militärtechnik aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs handelte.

Ein erster Befund des Projekts war, dass nicht nur mit NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern aus Privateigentum, sondern ebenso von während der NS-Zeit entzogenem Firmeneigentum auszugehen ist. Ein zweiter Befund war die Erkenntnis, dass sich bei vielen technischen Objekten die klassische Methode der Provenienzforschung, über Spuren am Objekt Hinweise auf vormalige Besitzer zu finden, als schwierig bis unmöglich erwies. Bei der überwiegenden Mehrheit der Gegenstände handelt es sich nicht um Unikate, sondern um Massenartikel, deren meist einziges individuelles Kennzeichen eine Seriennummer darstellt.

Der bisher erfolgreichste Ansatz war deswegen die Identifizierung der Objekte über ihren ehemaligen Standort und ihre Gebrauchsgeschichte und die Rekonstruktion ihrer Provenienz über Akten, Adressbücher und Firmenarchive.

Während der einjährigen Laufzeit des Projektes konnten drei Fälle von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern ermittelt werden. Dabei handelt es sich um ein Foto- und Erinnerungsalbum des ehemaligen AEG-Direktors Heinrich Hirschberg, eine Druckpresse nebst zugehörigen Lithografiesteinen der Druckerei Paul Pittius, deren Inhaber Julius und Martin Gerson während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden, sowie um ein PKW-Fahrgestell des ehemaligen Karstadt-Vorstands Hermann Schöndorff, zu dem die Berliner Geschichtsagentur Facts & Files die ersten Recherchen im Auftrag des Deutschen Technikmuseums durchführte.

Darüber hinaus wurden im Museumsbestand zehn weitere Objekte ausgemacht, bei denen ein Anfangsverdacht auf NS-verfolgungsbedingten Entzug besteht. Etwa 800 Objekte und Konvolute konnten als unbedenklich bewertet werden.

Ferner wurde die Provenienzforschung in die Geschäftsgänge des Museums integriert, relevante Akten identifiziert, im Sinne der Transparenz über das Projekt und seine Ergebnisse in digitalen und analogen Formaten berichtet, erste Ergebnisse in Ausstellungsformate umgesetzt und mit anderen Museen und Bibliotheken zusammengearbeitet.

(c) Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin

Ausstellungen:
Drucksteine erzählen. Die Geschichte der Brüder Gerson und ihrer Steindruckerei Paul Pittius