Projektforschung zur Ermittlung der Provenienzen aller ab 1933 erworbenen Wilhelm-Busch-Werke im Sammlungsbestand des Wilhelm-Busch-Museums Hannover

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst
Bundesland:
Niedersachsen
Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Die Wilhelm-Busch-Sammlung im Museum Wilhelm Busch − Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst wurde in ihren wesentlichen Zügen in den 1930er− und 1940er−Jahren aufgebaut. Bei vielen der in diesen beiden Jahrzehnten getätigten Erwerbungen war die Frage ihrer Provenienz bisher ungeklärt oder nur unzureichend bekannt. Im Vordergrund des Projektes stand deshalb die möglichst lückenlose Aufklärung der Herkunft aller während der Zeit des Nationalsozialismus in die Wilhelm-Busch-Sammlung eingegangenen Arbeiten, um eventuell unrechtmäßig aus jüdischem oder anderem Eigentum erworbene Kunstwerke zu identifizieren und nach Möglichkeit zu restituieren.

Die Sammlung Wilhelm Busch umfasst 335 Gemälde, 1.500 Handzeichnungen, 50 Bildergeschichten, sechs Skulpturen sowie 896 Briefe und 193 Prosa- und Gedichthandschriften. Von diesem aktuellen Gesamtbestand gelangten bereits 2.209 Arbeiten in den Jahren 1933 bis 1945 in die Sammlung.

Dank der finanziellen Unterstützung durch die Arbeitsstelle für Provenienzforschung (AFP) konnte am 1. August 2010 mit der Erforschung der Herkunft aller im Zeitraum von 1933 bis 1945 erworbenen Wilhelm-Busch-Werke in der Sammlung des Museums Wilhelm Busch - Deutsches Museums für Karikatur und Zeichenkunst (vormals Wilhelm-Busch-Museum Hannover) begonnen werden. Die Arbeit am Projekt erfolgte im Rahmen einer halben Stelle, die von der Arbeitsstelle in Berlin für die Dauer eines Jahres bewilligt worden war. Mit dem Ziel, eine möglichst lückenlose Aufklärung der Herkunft der während der Zeit des Nationalsozialismus in die Sammlung eingegangenen Busch-Werke zu erreichen, wurde innerhalb des bewilligten Projektzeitraums zunächst das im hauseigenen Archiv befindliche, komplexe Dokumentenmaterial einer systematischen Sichtung und Erfassung unterzogen und eine Teilauswertung vorgenommen. Außer dem schriftlichen Nachlass von Walther Lampe (stellvertretender Vorsitzender der Wilhelm-Busch-Gesellschaft von 1930-−1971, dann Vorsitzender von 1971−-1978), der aus Zeitgründen bisher nur partiell ausgewertet werden konnte, wurden nahezu alle für das Rechercheprojekt relevanten Unterlagen im Haus gesichtet und bearbeitet. Parallel hierzu erfolgte die Untersuchung und Erfassung aller Gemälderückseiten, deren Sekundärbeschriftungen und Aufklebezettel in der Vergangenheit nachlässig behandelt worden waren. Im Rahmen dieser Tätigkeit konnten zahlreiche Namenskürzel und Annotationen auf Gemälderückseiten identifiziert werden, die zusammen mit den im hauseigenen Archiv aufgefundenen Erb- und Verkaufslisten von Nachfahren Wilhelm Buschs die Klärung von 65 Sammlungszugängen ermöglichten.

Als außerordentlich glückliche Fügung erwies sich gleich zu Projektbeginn die seit Sommer 2010 mögliche Onlinerecherche in der Galerie Heinemann: in der Münchener Kunsthandlung hatte im April 1908, d. h. knapp vier Monate nach dem Tod von Wilhelm Busch, die erste öffentliche Ausstellung seiner Werke stattgefunden. lm Zuge dieser vielbeachteten Verkaufsausstellung gelangten erstmals Gemälde und Zeichnungen des Künstlers in Eigentumsverhältnisse außerhalb seiner Familie sowie der Verlage, in denen seine Bildergeschichten veröffentlicht worden waren. Mit Hilfe der Unterlagen der Galerie Heinemann konnten zahlreiche wichtige Hinweise auf Käufer und Verkäufer der 1908 in München veräußerten Arbeiten gewonnen werden, die bis dato unbekannt gewesen waren. Dieser neue Wissenstand betrifft nicht nur mehr als 150 Werke im eigenen Sammlungsbestand, sondern darüber hinaus auch rund 200 weitere Arbeiten von Wilhelm Busch, die sich heute in privatem oder öffentlichem Eigentum befinden.

Wertvolle Erkenntnisse lieferte im weiteren Projektverlauf ebenso die Auswertung einer rund 500 Rechnungsbelege umfassenden Mappe mit der Aufschrift ,,Rechnungen W.B.G. 1930-31.3.1944." Etwas mehr als 100 der hierin enthaltenen Quittungen dokumentieren den Ankauf von Wilhelm-Busch-Werken für die Sammlung. Die Unterlagen waren 2005 im Nachlass von Walther Lampe entdeckt worden, konnten aber erst während des Projektes einer umfassenden Auswertung unterzogen werden. ln Folge dieser Arbeit wurde es möglich, den Erwerb von insgesamt 221 Sammlungszugängen aus den Jahren 1933 bis 1945 zu rekonstruieren.

Veröffentlichungen:
Germanischen Nationalmuseum Nürnberg: Galerie Heinemann online.