Provenienz in der Sammlung für Antike Kleinkunst Jena – Zur Problematik von Zugängen während des Nationalsozialismus

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Bundesland:
Thüringen
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Eva Winter

Tel.+49 (0) 3641 944 820

E-Maileva.winter@uni-jena.de

Rita Horn M. A.

PositionProjektmitarbeiterin

Tel.+49 (0) 3641 944 808

E-Mailrita.horn@uni-jena.de

Projekttyp:
Kurzfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Archäologische Sammlungen, die zumeist im 19. Jahrhundert gegründet und vielerorts als Lehrsammlungen den Universitäten angegliedert wurden, sind geprägt durch Ankäufe, Schenkungen und Stiftungen unterschiedlichster Art. Im Dezember 1940 gelangten zwölf, vorwiegend römische Öllampen und ein Henkelfragment durch die Stiftung eines Privatmannes in die Antikensammlung der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Folgende Faktoren führten dazu, die Herkunft dieser Objektgruppe zu überprüfen: Im Archiv der FSU Jena liegen für die durch den Stifter Otto Wohlberedt etikettierten Tonlampen keine Erwerbungsunterlagen vor. Zugleich verstärken die bisweilen getätigten Untersuchungen zu der Person des Stifters und der von ihm selbst skizzierte Lebensweg (O. Wohlberedt, Erinnerungen aus meinem Leben (Jena 1939)) erste Hinweise auf die mögliche Herkunft der Stücke: Er gibt an, die Tonlampen 1939 im römischen Kunsthandel erworben zu haben, jedoch ist nichts von einem Rom-Aufenthalt für diesen Zeitraum bekannt. Vielmehr bereiste er in dieser Zeit für ca. zwei Monate Libyen, das zu diesem Zeitpunkt von dem mit Deutschland verbündeten Italien besetzt war und er war dort u. a. Gast Hermann Görings. Bemerkenswert ist weiterhin seine Position als Teilhaber in der Triebes AG und als langjähriger Fabrikdirektor im I. G. Farben-Konzern. Diese Funktionen sicherten ihm über Jahre hinweg (bis 1939) Kontakte zu hohen Funktionären der italienischen und deutschen Elite jener Zeit und machten ihn zu einer Figur, die es verstand, die von internationalen und vor allem nationalen Kontakten getragenen Möglichkeiten am Vorabend des Zweiten Weltkrieges zu nutzen. Der Umstand, dass sich durch die in Italien 1938 initiierten Rassegesetze, die leggi razziali, die unter Druck des Deutschen Reiches beschlossen wurden, die Lebenssituation der italienisch-jüdischen Bevölkerung vehement verschlechtert hat, steigerten die Bedenken hinsichtlich der Provenienz.

Anliegen des durch die Initiative des Lehrstuhls für Klassische Archäologie ins Leben gerufenen Projektes war es, den politischen, rechtlichen und persönlichen Hintergrund aufzuarbeiten, um zu ermitteln, ob es sich möglicherweise um Raubgut aus Nordafrika direkt oder aus italisch-jüdischem Besitz handelt, das so Einzug in eine öffentliche Institution fand.

Konkret wurden in diesem Zusammenhang die Archive in Jena (Universitätsarchiv, Stadtarchiv, Archiv im Ernst-Haeckel-Haus) und das Stadtarchiv in Triebes/Zeulenroda auf Akten über den Stifter und mögliche Verbindungen zum Kunsthandel jener Jahre bezüglich eines möglichen „NS-Kontextes hin untersucht. Angefragt wurden des Weiteren die Archive in Gera, Greiz und Weimar und das Archiv der Firma Hoechst. Die Recherchen, vor allem die Aufarbeitung des Materials aus dem Ernst-Haeckel Haus, bezeugen eine ausgeprägte Reisetätigkeit Wohlberedts in den 1930er Jahren in die nordafrikanischen Gebiete (Tunesien, Marokko, Ägypten und von besonderer Bedeutung Algerien und Libyen). Diese besuchte er privat und interessierte sich neben der für ihn im Vordergrund stehenden Fauna und Flora immer wieder auch für antike Lampen. Er scheint bei seinen Reisen antike Lampen gekauft zu haben. Dies legen institutseigene Akten nahe, die während der Recherchen zu Tage kamen und zeigen, dass die zwölf Lampen und das Henkelfragment nur ein Teil einer größeren Sammlung von Lampen war. Zu klären bleibt, wo die übrigen Lampen Wohlberedts verblieben sind. Lediglich einige wenige Stücke konnten bereits in der Berliner Antikensammlung ausfindig gemacht werden. Ergänzend konnte durch die umfassende archäologische Analyse der Öllampen deren antike Provenienz aus den nordafrikanischen Gebieten mit hoher Wahrscheinlichkeit bestimmt werden.

Die Ergebnisse des Projektes wurden zum einen in kurzer Form in dem Heft zur Jahrestagung des Deutschen Archäologen-Verbandes Ende 2016 veröffentlicht, zum anderen in Form eines ausführlichen Artikels, der in den Jenaer Archäologischen Schriften erscheinen wird.

© Friedrich-Schiller-Universität Jena