Provenienzforschung im Bestand der Liebermann-Villa am Wannsee. Erschließung der Sammlung der Max-Liebermann-Gesellschaft Berlin e.V.

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Max-Liebermann-Gesellschaft Berlin e.V.
Bundesland:
Berlin
Ansprechpartner:
Alice Cazzola

PositionProjektleitung

Tel.+49 (0)30-8058590-24

E-Mailcazzola@liebermann-villa.de

Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Nach Abschluss der Projektlaufzeit ist die Provenienz der insgesamt 150 Objekte aus dem Sammlungsbestand der Max-Liebermann-Gesellschaft darunter 4 Ölgemälde, eine Skulptur, 16 Papierarbeiten, 13 Bücher, 5 Mappenwerke und 111 druckgrafische Arbeiten für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 wie folgt zu kategorisieren:

Bei 20 Objekten, bzw. 13,3% des erforschten Sammlungsbestands ist die Provenienz als „rekonstruierbar und unbedenklich zu bezeichnen, sodass diese als nicht NS-verfolgungsbedingt entzogene Werke erklärt werden. Darunter zählen zwei Werke, die nach 1945 entstanden sind und weitere 15 Objekte, deren Provenienz lückenlos rekonstruiert werden konnte.

Bei 108 Objekten bzw. 72% des erforschten Sammlungsbestandes ist die Provenienz hingegen als „nicht eindeutig geklärt zu bezeichnen, es bestehen Provenienzlücken oder die Provenienzen sind nicht zweifelsfrei unbedenklich.

Bei 21 Objekten, bzw. 14% ist die Provenienz als „bedenklich zu bezeichnen, da Hinweise auf einen NS-verfolgungsbedingten Entzug vorliegen. Sie sind in Zukunft prioritär zu untersuchen.

Bei einem Objekt ist die Provenienz eindeutig als „belastet zu bezeichnen. Hierbei handelt es sich um Liebermanns Gemälde Kopf eines St. Adrianschützen aus dem Jahr 1627 (Inv.-Nr. MLG 2003/3), für das bereits eine Suchmeldung in der Lost Art-Datenbank eingestellt war (Lost Art-ID 417895). Die Provenienz dieses Werkes wurde im Rahmen des Projektes eingehend recherchiert. Im Januar 2022 konnte eine gütliche Einigung zur Regelung eventueller Ansprüche wegen eines NS-verfolgungsbedingten Verlustes des Werks mit den rechtmäßigen Eigentümerinnen, den Urenkelinnen von Max und Martha Liebermann, erzielt werden. Die Veröffentlichung der im Rahmen des Projekts erfolgten gütlichen Einigung ist in der Lost Art-Datenbank erfolgt.

Bei 23 Objekten, bzw. 15% der insgesamt 150 untersuchten Objekte aus dem Sammlungsbestand der Max-Liebermann-Gesellschaft konnte die Provenienz, im Zeitraum vor 1945 nachgewiesen werden. Bei 127 Objekten, bzw. knapp 85% liegen die frühesten belegbaren Provenienzen im Zeitraum nach 1945 von diesen lässt sich bei 103 Objekten die Provenienz erst ab 2000 nachvollziehen.

Obwohl die Provenienz von 72% der untersuchten Objekte als „nicht eindeutig geklärt eingestuft wurde und hier noch weiterer Forschungsbedarf besteht, können zahlreiche neue Erkenntnisse dank der erfolgten Provenienzforschung verzeichnet werden. Dies betrifft etwa Kontextinformationen zu Vorbesitzer*innen, Sammler*innen, Kunsthändler*innen sowie Zeitgenoss*innen von Max Liebermanns Familie sowie der zeitgenössischen Kulturlandschaft. Außerdem wurden neue Erkenntnisse zu Liebermanns Werk im Allgemeinen, insbesondere zur Druckgrafik sowie seiner editorischen Projekte gewonnen.

Insgesamt lässt sich abschließend festhalten, dass das Interesse für Max Liebermann seitens der Wissenschaft aber auch der kunstinteressierten Öffentlichkeit nach wie vor groß ist, was die positive Resonanz auf die projektbegleitende Konferenz und die Ausstellung zeigen. Des Weiteren hat das Projekt eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die sich etwa auf eine genauere Betrachtung Liebermanns Zeitgenoss*innen und Sammler*innen sowie den editorischen Prozessen rund um Liebermanns Druckgrafik beziehen.

Hieraus ergibt sich ein bedeutendes Forschungspotenzial für die Zukunft.

(c) Max-Liebermann-Gesellschaft Berlin

Veröffentlichungen:
Cazzola: Recherchieren, dokumentieren und vermitteln, 2022.
Ausstellungen:
Wenn Bilder sprechen. Provenienzforschung zur Sammlung der Liebermann-Villa