Provenienzforschung im Stadtmuseum Memmingen

Das Stadtmuseum Memmingen besitzt eine Mehrspartensammlung (large scale collection), die sich aus unterschiedlichen Konvoluten zusammensetzt. Sie weist einen starken Bezug zur Region Allgäu und der Stadt Memmingen auf. Die Vermittlung des jüdischen Lebens der Stadt mit einem Schwerpunkt auf die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus gehört mit zum umfangreichen Programm des Stadtmuseums.

Von April bis Dezember 2022 erfolgte ein NS-Erstcheck durch die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern. Dabei konnten bereits erste Verdachtsfälle von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut identifiziert werden. Ziel des nun seit März 2024 laufenden Forschungsprojekts ist die systematische Bestandsprüfung und Provenienzrecherche von rund 250 Objekten, die zwischen 1933 und 1945 in den Bestand des Stadtmuseums Memmingen übergingen. Des Weiteren werden diverse Judaica unbekannter Herkunft beforscht, die teilweise erst in jüngster Vergangenheit von der Bevölkerung an das Museum übergeben worden sind. Ein Schlüsseldokument für die Recherchen stammt aus dem Jahr 1938/1939 und befindet sich heute im Stadtarchiv: „Beschlagnahme von Gegenständen bei Juden im Stadtgebiet Memmingen, historischen und künstlerischen Wertes. Es handelt sich um eine systematische Verzeichnung der jüdischen Bevölkerung von Memmingen und Fellheim durch zwei Stadtbeamten in Memmingen. Zahlreiche dieser Objekte fanden Eingang in die Sammlung des Stadtmuseums.

Neben der objektbezogenen Provenienzrecherche und der Identifikation und Restitution von ehemals jüdischem Eigentum stehen die Aufarbeitung der kulturpolitischen und personellen Netzwerke des systematischen lokalen Kulturgutraubs im Allgäu im Fokus. Zusammen mit der Memminger und Allgäuer Gesellschaft möchten wir im Stadtmuseum Geschichten und Herkunftskontexte von Alltags- und Gebrauchsgegenständen aus privaten Haushalten diskutieren und gemeinsam Aufklärung zur Sammlungsgeschichte betreiben. Die laufenden Forschungserkenntnisse werden unter anderem in Veröffentlichungen, Führungen, partizipativen Veranstaltungen und via Social Media präsentiert und zur Diskussion gestellt.

© Stadtmuseum Memmingen