Prüfung der von 1933 bis 1950 erworbenen Buchbestände des LBZ / Pflälzische Landesbibliothek Speyer

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz
Bundesland:
Rheinland-Pfalz
Ansprechpartner:
Dr. Armin Schlechter

PositionSachgebiet Handschriften, Alte Drucke und Nachlässe

Tel.+49 (0) 6232 9006 242

E-Mailschlechter@lbz-rlp.de

Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Das NS-Raubgut-Projekt des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz/Pfälzische Landesbibliothe Speyer (im Folgenden: LBZ/PLB) erstreckte sich insgesamt über drei Jahre (1.10.201230.9.2015) und wurde in zwei Phasen bearbeitet. Die erste Projektphase (1.10.2012-30.9.2013) war auf eine Prüfung der Kauf- und Geschenkzugänge der PLB Speyer der Jahre 1933 bis 1950 auf NS-Raubgut hin ausgerichtet. Im Laufe dieses Zeitraums wurden die Geschenkzugänge komplett autoptisch geprüft (ca. 21.500 Bände), von den käuflichen Erwerbungen die antiquarischen Ankäufe (ca. 12.000 Bände). Die verdächtigen sowie unklaren Funde wurden in eine Access Datenbank eingegeben, die zum Abschluss beider Projektphasen knapp 6.700 Einträge mit Angaben zu eventuell vorhandenen Provenienzmerkmalen und Zugangsquellen enthält. Von diesen Einträgen stammen ca. 6.600 aus den Beständen des LBZ/PLB, ca. 100 aus der Bibliothek der Jüdischen Gemeinde in Speyer. Diese wurden zu Vergleichszwecken erhoben.

Im Ergebnis des ersten Projektphase konnten etwa 1.000 Bücher identifiziert werden, die von jüdischen Bürgern aus Speyer stammen, die im Oktober 1940 nach Gurs (Frankreich) deportiert worden waren und deren Besitz durch die Behörden beschlagnahmt worden war. Als Problem ergab sich, dass diese mit weiteren 1.500 Büchern in die PLB gelangten, die vermutlich aus den sogenannten Rosenbergspenden stammen, z.T. aber Provenienzmerkmale enthalten, die auf jüdische Vorbesitzer

aus Speyer verweisen. Sowohl die Bände jüdischen Raubguts wie auch die vermeintlichen Rosenbergspenden stammen aus einer Geschenkabgabe der Stadt Speyer im Sommer 1941 sowie in geringerem Ausmaß von der Kreisleitung der NSDAP Speyer im gleichen Zeitraum. Eine detaillierte Untersuchung der Fälle war in der ersten Projektphase nicht möglich, ebenso wenig eine Restitution der identifizierten Raubgut-Bände. Es wurde daher ein Antrag auf eine zweijährige Verlängerung gestellt: Ziel der zweiten Phase war zunächst, die rund 2.500 Bände, die im Zugangsjahr 1941 als Geschenke der Stadt Speyer (2.200 Bände) und der Kreisleitung Speyer der NSDAP (270 Bände) an die Pfälzische Landesbibliothek abgegeben wurden, zu untersuchen. Bei etwa 1.000 Bänden handelt es sich hier definitiv um die Bücher der im Oktober 1940 deportieren Speyerer Juden. Der Raubgut-Verdacht der übrigen 1.500 Bücher konnte weder widerlegt, noch bestätigt werden. Eine qualitative und quantitative Untersuchung der Bücher sowie der Provenienzmerkmale und eine Aufarbeitung der Organisation und Durchführung der Spendenaktionen ab 1939 führt jedoch zu der Vermutung, dass es sich bei dem größten Teil der von der Stadt Speyer abgegebenen Bücher um NS-Raubgut handelt, wobei diese

Einschätzung aufgrund fehlender Provenienzspuren nicht endgültig bewiesen werden kann. Bei den Abgaben der Kreisleitung der NSDAP handelt es sich hingegen um Reste der Rosenbergspende, war doch die Kreisleitung für die Durchführung der Aktion zuständig wohingegen die Stadt Speyer aktiv in die Verwertung des jüdischen Eigentums nach der Deportation 1940 eingebunden war.

Des Weiteren wurde im Projektverlauf durch Archivrecherchen die Verwertung der Mobilien der jüdischen Speyerer Bürger untersucht, um ihre Übergabe an die PLB zu klären. Die Recherchen lieferten keine Beweise, dass sich die PLB aktiv um das jüdische Raubgut bemüht hätte. Außerdem wurde intensiv nach den ursprünglichen Besitzern bzw. deren Nachkommen gesucht, um die gefundenen Raubgut-Bände restituieren zu können. Die Raubgut-Funde und Verdachtsfälle wurden zudem bei Lost Art (www.lostart.de) dokumentiert.

Schließlich wurde auch erstmals die NS-Geschichte der PLB anhand des im Hause reichhaltig vorhandenen Quellenmaterials ausgewertet, um die Ergebnisse des Projektes zu vervollständigen und optimal bewerten zu können.

Die Ergebnisse des Projektes wurden in einer Ausstellung im LBZ/PLB (23.7.20155.9.2015) sowie mit einer ausstellungsbegleitenden Publikation der Öffentlichkeit bekannt gemacht. Darin werden dezidiert die Institutionengeschichte, die Ergebnisse der Raubgut-Suche sowie mit dem Projekt verbundene Problemfelder dargestellt.

(c) Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz

Ausstellungen:
Raubgut in der Pfälzischen Landesbibliothek Speyer: Geschichte, Strukturen, Opfer