Recherche nach Provenienzen und Besitzverhältnissen von widerrechtlich entzogenen Gemälden jüdischen Besitzes

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Landesmuseum Mainz
Bundesland:
Rheinland-Pfalz
Ansprechpartner:
Dorothee Glawe M.A.

PositionProvenienzforschung

Tel.+49 (0) 6131 28 57 144

E-Maildorothee.glawe@gdke.rlp.de

Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Das Landesmuseum Mainz bewahrt einen Bestand von 61 Gemälden, 159 Grafiken (Einzelblätter und Konvolute) und 10 Möbelstücken, die 1941-1944 in den Museumsbestand gelangt sind und nach 1945 durch die Museums-Mitarbeiter als Sonderbestand mit der Provenienzangabe „aus jüdischem Besitz verzeichnet wurden. Schriftwechsel im Hausarchiv des Landesmuseums sowie im Stadtarchiv Mainz weisen nach, dass die Bestände im Rahmen mehrerer sukzessiver Überweisungen durch den Oberfinanzpräsidenten Hessen in Darmstadt sowie die Verwertungsstelle des Finanzamts Mainz-Stadt ins Museum gelangt sind und aus jüdischem Besitz stammen. Das seit April 2016 vom DZK geförderte Projekt konzentriert sich auf die Recherche der Provenienzen und Besitzverhältnisse dieser Objekte, um die Beschlagnahmeumstände aufzuklären und die Vorbesitzer der Objekte zu identifizieren.

Im ersten Förderjahr, April 2016 bis März 2017, stand dabei zunächst die Erforschung der Provenienzen der 61 Gemälde im Vordergrund. Im zweiten und dritten Förderjahr, April 2017 bis März 2019, wurden die Provenienzen und Besitzverhältnisse der Grafiken, Möbelstücke und des Kunsthandwerks aus jüdischem Besitz überprüft.

Projekt in Zahlen

Die Anzahl der überprüften Objekte setzt sich wie folgt zusammen:

1. Überweisungen des Finanzamts Mainz an die Gemäldegalerie Mainz (Kupferstichkabinett) in den Jahren 1941/42: 40 Grafiken

2. Überweisung des OFP Hessen in Darmstadt an die Museen der Stadt Mainz, September 1943: 61 Gemälde, 119 Grafiken, 9 Möbelstücke

3. Ankauf des Altertumsmuseums der Stadt Mainz bei der Verwertungsstelle des Finanzamts, Juli 1944: 5 Gemälde, 11 kunstgewerbliche Gegenstände

Eine Einstufung dieser Fallgruppen mittels der „Farbskala erübrigt sich, da der Untersuchungsgegenstand des Projekts sich nahezu ausschließlich auf Objekte erstreckt, die über die Reichsfinanzverwaltung in den Museumsbestand gelangt sind. Bei allen Objekten ist daher von einem verfolgungsbedingten Entzug auszugehen.

Auflistung der für das Projekt relevanten handelnden historischen Personen und Institutionen

Das heute in der Trägerschaft des Landes Rheinland-Pfalz (GDKE) befindliche Landesmuseum Mainz war bis 1967 in städtischer Trägerschaft und setzte sich aus zwei Häusern zusammen, der Gemäldegalerie und dem Altertumsmuseum. Die beiden städtischen Museen waren formal getrennt, unterstanden aber seit 1934 stets einem gemeinsamen Direktor beider Häuser. Aufgrund der städtischen Trägerschaft wurden die wesentlichen Entscheidungen bezüglich der Erwerbs-, aber auch Ausstellungspolitik beider Museen stets in Rücksprache mit dem Bürgermeister bzw. dem Kulturdezernat der Stadt Mainz getroffen.

Wichtige Akteure in Gemäldegalerie und Altertumsmuseum sowie bei der Mainzer Stadtverwaltung in den Jahren ca. 1930 bis 1950 waren:

- Prof. Dr. Ernst Neeb, bis 1932 sowie kurzzeitig 1933−34 Direktor von Gemäldegalerie und Altertumsmuseum

- Dr. Rudolf Busch, 1932−1933 Direktor; wegen seiner jüdischen Abstammung 1933 entlassen; im Juni 1945 auf den Direktorenposten zurückberufen

- Dr. Werner Schnellenkamp, 1934 kurzzeitig Direktor von Gemäldegalerie und Altertumsmuseum

- Dr. Heinz Biehn, 1935 bis Dezember 1938 Direktor von Gemäldegalerie und Altertumsmuseum

- Dr. Peter Keßler, seit 1923 Kustos des Altertumsmuseums; 1937 Ruhestand; im Januar 1939 aus dem Ruhestand zurückberufen

- Dr. Will Haenlein, Verwaltungsrat im Kulturdezernat der Stadt Mainz, 1942-1945 an die Museen der Stadt Mainz abgeordnet

- Dr. Michel Oppenheim, 1945 bis 1951 Kulturdezernent der Stadt Mainz

- Dr. Fritz Arens, ab Juni 1949 Direktor von Gemäldegalerie und Altertumsmuseum

- Dr. Karl Heinz Esser, ab Januar 1950 Hilfsarbeiter für die Gemäldegalerie; ab 1953 Direktor von Gemäldegalerie und Altertumsmuseum

Für den Kontext der Überweisungen durch den Oberfinanzpräsidenten Hessen in Darmstadt sind außerdem folgende Akteure von Relevanz:

- Dr. Heinz Merten, bis 1945 Kustos des Hessischen Landesmuseums Darmstadt; von der Reichskammer der bildenden Künste als Gutachter über die beim OFP Hessen in Darmstadt gelagerten Kunstgegenstände eingesetzt

- Jakob Rath, Obersteuerinspektor beim Finanzamt Mainz-Stadt

Im Rahmen der Erforschung eines Grafik-Konvoluts mit Werken von Künstlern des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts haben sich Hinweise auf folgende Frankfurter Kunsthandlung ergeben:

- Kunsthandlung Heinrich Trittler, Inhaber: Paul Schiltz, Goetheplatz 6-8, Frankfurt am Main

(c) Landesmuseum Mainz