Rekonstruktion der Kunstsammlung von Lotte und Georg Koch, Wiesbaden

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Enkel von Georg und Lotte Koch in Kooperation mit Facts & Files
Bundesland:
Berlin
Ansprechpartner:
Beate Schreiber, Facts & Files Historisches Forschungsinstitut

E-Mailschreiber@factsandfiles.com

Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Das Forschungsvorhaben hat zum Ziel, die Kunstsammlung des Wiesbadener Kinderarztes Georg Koch und seiner Frau Lotte, geborene Seeligmann, zu rekonstruieren. Dr. Georg Koch wurde 1890 in Mainz als Sohn des Weinhändlers Moritz II Koch und seiner Frau Sophie Levy geboren. Nach seiner Teilnahme als Soldat im Ersten Weltkrieg arbeitete Georg Koch als Arzt bei der Städtischen Mütterberatungsstelle und Säuglings-Milchanstalt in Wiesbaden. 1919 heiratete er die aus Karlsruhe stammende Anna Lotte Seeligmann (1896-1964). Sie war die Tochter des Rechtsanwalts Arnold Seeligmann und seiner Frau Rosalie Mayer.

Lotte und Georg Koch erwarben Kunstwerke u.a. von Alexej Jawlensky, Emil Nolde und Christian Rohlfs. Außerdem besaßen sie Gemälde flämischer und holländischer Künstler, die allerdings nicht detailliert beschrieben sind. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde die Familie Koch als Juden verfolgt. Georg Koch starb im Mai 1933. Seine Kinder Eleonore und Herbert emigrierten Ende 1938, seine Witwe Mitte 1939 nach London, wo sie als Haushaltshilfe tätig war.

Im Oktober 1940 wurden die Eltern von Lotte Koch mit 900 anderen Karlsruher Juden nach Gurs in Frankreich verschleppt und dort interniert. Rosalie Seeligmann verstarb dort nach knapp zwei Monaten wahrscheinlich an Typhus, ihr Mann Arnold starb in Gurs im Sommer 1941.

Teile der Kunstsammlung von Lotte und Georg Koch waren 1939 als Umzugsgut in sogenannten Lifts verpackt im Hamburger Hafen gelagert worden. Dort verbrannte es angeblich durch Bombenangriffe. Höchstwahrscheinlich wurde das Umzugsgut aber durch die Gestapo versteigert, denn in den 1980er Jahren tauchte ein Kunstwerk von Emil Nolde in einer norddeutschen Privatsammlung auf und wurde ca. 1996 bei der Kunsthandlung Salis & Vertis in Salzburg, Österreich verkauft. Weitere Kunstgegenstände, die auf der Umzugsliste dokumentiert sind, waren Porzellan, Zinn und Fayencen, Stahl -und Kupferstiche, handgemalte Miniaturen und eine holzgeschnitzte Madonna.

Ein Schwerpunkt des Projektes zielt deshalb auf die Erforschung des Verbleibs des Umzugsgutes. Zudem sollen präzise Angaben zu den Kunstwerken der Sammlung von Georg und Lotte Koch recherchiert und insbesondere die Sammlung der nicht näher beschriebenen Gemälde flämischer und holländischer Maler rekonstruiert werden. Möglicherweise stammen sie aus der Sammlung des Großvaters von Lotte Koch, Bernhard Albert Mayer, der eine Sammlung von Kunstwerken holländischer Malerei des 17. Jahrhunderts besaß und aus dessen Nachlass am 25. Juni 1934 Kunstwerke bei Paul Graupe in Berlin in 47 Losen versteigert wurde.

Die Rekonstruktion der Sammlung beinhaltet eine systematische Aufbereitung und Auswertung von Archivunterlagen zu den verschiedenen Wiedergutmachungs- und Entschädigungsverfahren der Familien sowie Recherchen in Nachlässen und Archiven von Künstlern, Kunsthändlern und Kunstvereinen. Zudem werden Nachforschungen im Archiv und in der Bilddokumentation des RKD Niederländisches Institut für Kunstgeschichte in Den Haag durchgeführt werden.

(c) Facts & Files