Themenorientierte Erschließung von Quellen zur Provenienzforschung in Nordwürttemberg

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Staatsarchiv Ludwigsburg
Bundesland:
Baden-Württemberg
Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Das Landesarchiv Baden-Württemberg im Staatsarchiv Ludwigsburg startete zum Jahresbeginn 2017 ein zweites Projekt, das die Provenienzforschung zur Auffindung NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes erleichtern soll. Durch die im Rahmen des Projekts erfolgte Tiefenerschließung konnten die für die Provenienzforschung relevantesten Bestände im Staatsarchiv Ludwigsburg, die bislang ausschließlich personenbezogen erschlossen waren, um Angaben über das in den Akten erwähnte entfremdete Kulturgut angereichert werden. Ein bislang völlig unerschlossener Neuzugang wurde darüber hinaus komplett archivisch erschlossen und mit den genannten kulturgutbezogenen Angaben versehen. Im Unterschied zum ähnlich angelegten, vorherigen Projekt im Generallandesarchiv ergaben sich erheblich weniger einschlägige Akten. Diese waren aber dafür umso ertragreicher. Im Einzelnen stellt sich das Ergebnis wie folgt dar:

Bestand: Schlichter für Wiedergutmachung Stuttgart, Bestandssignatur: FL 300/33 I, Verzeichnungseinheiten (VZE) gesamt: 21716, VZE projekt relevant: 902;

Bestand: Schlichter für Wiedergutmachung Ulm, Bestandssignatur: FL 300/33 II, VZE gesamt: 2265, VZE projekt relevant: 53;

Bestand: Schlichter für Wiedergutmachung Stuttgart, Nachträge, Bestandssignatur: FL 300/33 III, VZE gesamt: 253, VZE projekt relevant: 16;

Bestand: Landgericht Stuttgart: Wiedergutmachung, Bestandssignatur: EL 315/IV, VZE gesamt: 965, VZE projekt relevant: 81;

Bestand: Oberfinanzpräsident Württemberg, Bestandssignatur: K 19 II, VZE gesamt: (6,3 lfd.m), VZE projekt relevant: 1;

Bestand: Reichskammer der Bildenden Künste Landesleitung Stuttgart, Bestandssignatur: K 746, VZE gesamt: 176, VZE projekt relevant: 4

Die kulturgutbezogenen Angaben sind, soweit die fraglichen Titelaufnahmen nach Ablauf etwaiger Sperrfristen im Findmittelsystem des Landearchivs veröffentlicht werden können, im Internet recherchierbar. Die Gesamtheit der Angaben ist darüber hinaus in der internen Findmitteldatenbank des Landesarchivs abrufbar.

Zusätzlich wurden im Rahmen des Projekts von den beiden einschlägigsten Beständen FL 300/33 I und II Scans vorhandener Mikrofilme angefertigt und mit diese mit den Titelaufnahmen verknüpft. Aus rechtlichen Gründen können bislang nur einige Beispielakten online im Internet abgerufen werden (siehe Beispiele unter Zielerreichung). Die insgesamt 534.003 Scans sind aber im Intranet abrufbar; nach Ablauf der Schutzfristen werden alle Scans sukzessive im Internet freigeschaltet werden können.

Provenienzforschern und sonstigen Nutzern kann aber bereits jetzt schon kurzfristig ein Scan einer Akte per Email oder Download zur Verfügung gestellt werden. Diese Möglichkeit wurde bereits mehrfach in Anspruch genommen (u.a. Promotionsprojekt an der Universität des Saarlandes). Insoweit haben sich Recherche- und Benutzungsmöglichkeiten für die Provenienzforschung durch das Projekt entscheidend verbessert.

Die als Erfolgskriterien benannten Ziele wurden weitgehend erreicht. Für sach-thematische Inventare und Rechercheführer liegen alle wesentlichen Vorarbeiten vor. Allerdings hat es sich beim Austausch innerhalb der parallel laufenden Projekte im Landesarchiv inzwischen herausgestellt, dass es für die Nutzer hilfreicher ist, solche für die Überlieferung im Landesarchiv ein gemeinsames Hilfsmittel bereitzustellen und nicht für jede Archivabteilung separat zu erarbeiten. Daran wird noch gearbeitet.

Jetzt schon online verfügbar sind Kurzbeschreibungen der zentralen Archivaliengruppen mit Links zu bereits online verfügbaren Beispielakten auf der Seite des Landesarchivs zur Ausstellung „Ausgrenzung Raub Vernichtung (https://www.landesarchiv-bw.de/web/65140):

Rückerstattungsakten: https://www.landesarchiv-bw.de/web/65132 mit Link auf Digitalisate von Akte FL 300/33 I Bü 2898 betr. „Leda mit dem Schwan von Nicolas Auguste Galimard.

Wiedergutmachungsakten: https://www.landesarchiv-bw.de/web/65133

Entnazifzierungsakten: https://www.landesarchiv-bw.de/web/65138 mit weitergehenden Hinweisen zu Profiteuren.

Überlieferung der Finanzverwaltung: https://www.landesarchiv-bw.de/web/65131

Auch die Überprüfung der Bestände der Dienstbibliothek hinsichtlich möglicherweise während der NS-Zeit entzogener Bücher wurde durchgeführt. Es konnte allerdings nur ein Band ermittelt werden, bei dem ein verfolgungsbedingter Entzug während der NS-Zeit bzw. ein jüdischer Vorbesitz wahrscheinlich ist. Die Ermittlung der Erben der damaligen Besitzer läuft noch.

Sämtliche Arbeitsergebnisse des Projekts, die im Zuge der Tiefenerschließung der Einzelfallakten gewonnenen Informationen wurden, sind in der Datenbank des Landesarchivs Baden-Württemberg verzeichnet. Sie können dort unter Beachtung archivrechtlicher Bestimmungen eingesehen werden (Beispiele für online zugängliche Akten s.o. unter https://www.landesarchiv-bw.de/web/65140). Noch nicht bekannte Informationen zu in der Lost Art-Datenbank gemeldeten Objekten wurden an den Ersteller der Meldung und/oder das DZK zur Ergänzung weitergegeben.

Die Projektergebnisse werden in dem in Vorbereitung befindlichen sachthematischen Inventar (unter Beachtung der Bestimmungen des Landesarchivgesetzes Baden-Württemberg) auf der Internetseite des Landesarchivs-Baden-Württemberg online abrufbar sein. Bereits jetzt können schon verzeichnete Angaben über das Online-Angebot des Landesarchivs mit der Suchfunktion (https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/suche/) sofern nach rechtlicher Prüfung für das Internet freigeschaltet recherchiert werden. Damit sind die Projektresultate auch über das Archivportal-D und die Deutsche Digitale Bibliothek abrufbar.

Der Austausch und die Vernetzung v.a. innerhalb des Arbeitskreises Provenienzforschung Baden-Württemberg hat sich v.a. hinsichtlich der Erschließung bewährt. Beantwortet werden konnten Anfragen z.B. vom Linden-Museum Stuttgart und vom StadtPalais. Museum für Stuttgart, bei dem sämtlicher Erwerbungen der stadtgeschichtlichen Sammlung Stuttgart zwischen 1933 und 1945 untersucht werden.

Das Projekt und seine Ergebnisse wurden am 7. November 2019 im Rahmen der Tagung zur Ausstellung „Ausgrenzung Raub Vernichtung (Flyer: https://www.landesarchiv-bw.de/web/64956 ) im Vortrag „Wer es heute hat, weiß Gott allein Quellen über das während des Nationalsozialismus entzogene Kulturgut im Staatsarchiv Ludwigsburg vom Bearbeiter Dr. Carl-Jochen Müller präsentiert. Zudem ist ein Beitrag für MOMENTE. Das Magazin zur Geschichte Baden-Württembergs (erscheint 4x p.A. im Staatsanzeiger-Verlag) in Vorbereitung, bei dem die Arbeit des Projekts anhand eines ausgewählten Beispiels vorgestellt wird.

(c) Staatsarchiv Ludwigsburg