Eine Inventarkarte von Fragment I 732,256 (Ausschnitt) aus der Antikensammlung Erlangen
NS-Raubgut

Institut für Klassische Archäologie der Uni Erlangen untersucht Objekte aus der Antikensammlung

Attische Keramikfragmente und andere antike Objekte stehen im Mittelpunkt eines Provenienzforschungsprojekts, das am Institut für Klassische Archäologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg begonnen hat und vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert wird. Im Rahmen eines anderen Forschungsprojekts war aufgefallen, dass viele der rotfigurigen Tonscherben aus der dortigen Antikensammlung im Jahr 1939 von einer in der Forschung bislang unbekannten Münchner Privatsammlung „Dehn“ angekauft worden waren.

Ers­te Nach­for­schun­gen er­ga­ben, dass es sich nicht, wie bis­her ge­dacht, um den Ver­kauf aus dem Nach­lass ei­nes Samm­lers durch des­sen ver­meint­li­che „Wit­we“ Wil­trud Dehn han­del­te, son­dern dass die Ob­jek­te zu Leb­zei­ten des Samm­lers Ge­org Dehn ver­äu­ßert wur­den. Dehn wur­de im Na­tio­nal­so­zia­lis­mus als Ju­de ver­folgt, die Ob­jek­te wur­den im Na­men sei­ner „ari­schen“ Frau ver­kauft, be­vor die Fa­mi­lie ein hal­bes Jahr spä­ter nach Ecua­dor floh.

Es fin­den sich Be­le­ge, dass sich Ge­org Dehn (1887–1967) und der da­ma­li­ge Lei­ter der An­ti­ken­samm­lung und Pro­fes­sor für Klas­si­sche Ar­chäo­lo­gie Ge­org Lip­pold (1885–1954) aus ih­rer ge­mein­sa­men Zeit an der Uni­ver­si­tät Mün­chen vor dem Ers­ten Welt­krieg kann­ten. Do­ku­men­te im Ar­chiv der An­ti­ken­samm­lung be­le­gen, dass Lip­pold 1939 auch pri­vat Ob­jek­te aus der Samm­lung Dehn er­warb. We­nig spä­ter ver­kauf­te er sie dann der An­ti­ken­samm­lung wei­ter, die er selbst lei­te­te.

Die bis­her er­mit­tel­ten Um­stän­de las­sen dar­auf schlie­ßen, dass Ge­org Dehn sei­ne Samm­lung ver­kauf­te, weil er vor der Ver­fol­gung durch das NS-Re­gime flie­hen muss­te. Die Hin­ter­grün­de sind bis­lang we­der voll­stän­dig er­forscht noch do­ku­men­tiert, das Pro­ve­ni­enz­for­schungs­pro­jekt soll die­se Lücke schlie­ßen.

Er­geb­nis­se des For­schungs­pro­jekts stellt Dr. Ge­org Ger­l­eig­ner am 15. Ju­li 2021 im Rah­men ei­nes Vor­trags im Er­lan­ger Ar­chäo­lo­gi­schen Kol­lo­qui­um vor, mehr In­for­ma­tio­nen fin­den sich un­ter: http://www.klas­si­schear­chaeo­lo­gie.phil.fau.de/lau­fen­de_pro­jek­te/die-pri­vat­samm­lung-ge­org-dehn-und-die-an­ti­ken­samm­lung-er­lan­gen/

Eine Inventarkarte von Fragment I 732,256 (Ausschnitt) aus der Antikensammlung Erlangen