Die Sammlungen Ernst Ohlmer und Max von Brandt. Sammlungspraktiken im China der späten Qing-Zeit (1875-1914)

Förderbereich:
Koloniale Kontexte
Zuwendungs­empfänger:
Roemer- und Pelizaeus Museum Hildesheim
Bundesland:
Niedersachsen
Ansprechpartner:
Dr. Andrea Nicklisch

PositionProjektleitung

E-Maila.nicklisch@rpmuseum.de

Dr. Sabine Lang

Positionwissenschaftliche Mitarbeiterin

E-Mails.lang@rpmuseum.de

Sabine Hesemann M. A.

Positionwissenschaftliche Mitarbeiterin

E-Mailchinart-kultur@email.de

Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

1878 schrieb Hermann Roemer, der damalige Direktor des Hildesheimer Museums, an Ernst Ohlmer mit der Bitte, das Museum beim Erwerb chinesischer Stücke zu unterstützen. Ohlmer war zu jenem Zeitpunkt bereits seit 10 Jahren in China ansässig. 1881 trafen erste von ihm gesammelte Objekte aus China im Museum ein.

Aufgrund der Destabilisierung des chinesischen Kaiserreiches (Opiumkriege 18391842 sowie 18561860, Plünderung des Sommerpalastes 1860 und Verkauf von Objekten durch Soldaten, Taiping-Rebellion 1850 bis ca. 1864, Boxerkrieg 19001901) herrschten gute Bedingungen für europäische/deutsche Sammler.

Untersucht werden soll, wie diese Umstände solche Sammeltätigkeiten begünstigten und wie sie vielleicht auch ausgenutzt wurden. Hierbei ist vor allem Ohlmers Tätigkeit von 1868 bis 1914 bei der chinesischen Seezollbehörde (大清皇家海关总税务司) von Relevanz. In dieser von Europäern, besonders Briten, dominierten Behörde bewegte er sich im Umfeld von Angehörigen der europäischen Oberschicht. Diese hatten Zugriff auf die Kunstschätze, die im Rahmen der 1860 erfolgten britisch-französischen Plünderung und Zerstörung des Alten Sommerpalastes erbeutet worden waren. In diesem Zusammenhang sind die britischen Truppen für ihr „Trophäensystem bekannt. Dabei lieferten die Soldaten und Offiziere ihr Beutegut ab, das anschließend von Auktionatoren versteigert wurde. Der Erlös wurde unter sämtlichen beteiligten Truppenangehörigen aufgeteilt, wobei die Offiziere ein Drittel erhielten, während die übrigen zwei Drittel an die gewöhnlichen Soldaten gingen. Bei diesen Auktionen kauften besonders Offiziere und Diplomaten. Die Sammlungen Ohlmers im Roemer- und Pelizaeus-Museum stammen zeitlich aus dem Nachgang dieser Militäraktion.

Zudem ist die Beziehung zwischen Ohlmer und Max von Brandt, dem kaiserlich-deutschen Gesandten (18751893) in China, relevant, da Ohlmer von diesem eine große Sammlung blau-weißen Porzellans übernahm. Auch von Brandt bewegte sich als Adliger und ausgewiesener Ostasienkenner in der Oberschicht der kolonialen Gesellschaft und dürfte Zugang zu den Kunstwerken gehabt haben, die bei der Plünderung des Alten und des Neuen Sommerpalastes geraubt worden waren. Ein dritter Teil der Sammlung Ohlmer lässt sich wiederum in die Zeit nach dem Boxerkrieg zurückverfolgen.

Das Projekt dient der Grundlagenforschung zu Sammelpraktiken unter kolonialen oder instabilen politischen Verhältnissen durch ausländische Sammler. Die Forschung wird vor allem von folgenden Fragen geleitet: Welche Einflüsse hatten die Opiumkriege und der Boxerkrieg auf den chinesischen Kunstmarkt? Wie wirkten sich die instabilen politischen Verhältnisse in der ausgehenden Qing-Dynastie auf die Sammeltätigkeit Ernst Ohlmers und Max von Brandts aus? War es Ohlmer möglich, durch seine Kenntnis der chinesischen Sprache direkt bei Chinesen zu kaufen und dadurch günstiger als über europäische Zwischenhändler? In welchem Verhältnis standen Ohlmer und von Brandt zueinander?

Weitere fördernde Institutionen: Stiftung Niedersächsischer Volksbanken und Raiffeisenbanken, Volksbank Hildesheim-Lehrte-Pattensen, Netzwerk Provenienzforschung in Niedersachsen

(c) Roemer- und Pelizaeus Museum Hildesheim