Erbensuche zu 1938/1939 eingezogenen und beschlagnahmten Silberobjekten im Bayerischen Nationalmuseum

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Bayerisches Nationalmuseum
Bundesland:
Bayern
Ansprechpartner:
Dr. Matthias Weniger

Tel.+49 (0)89 211 24 – 246

E-Mailprovenienzforschung@bayerisches-nationalmuseum.de

Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Ankäufe aus der NS-Silberabgabe von 1939 sind im Bayerischen Nationalmuseum präziser dokumentiert als in anderen deutschen Museen. Deshalb konnten zwei Drittel der aus dieser Quelle erworbenen Arbeiten in den 1950er und 1960er Jahren restituiert werden. Für die übrigen 112 Werke waren die Besitzer von 1939 bekannt. Das Projekt hat das Ziel, die Erben der letzten rechtmäßigen Besitzer zu ermitteln, damit auch diese verbleibenden Objekte an die Familien zurückgeführt werden können.

Infolge der „Dritten Anordnung auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden haben im Regierungsbezirk Oberbayern 2306 Haushalte im Februar und März 1939 Silbergegenstände im Gesamtgewicht von 3 bis 4 Tonnen beim Städtischen Leihamt München abgeliefert. Aus diesem Bestand sowie früheren Beschlagnahmungen erwarb das Bayerische Nationalmuseum 1939/40 zum Preis von 12604,90 RM insgesamt 322 Objekte, meist Becher, Kerzenleuchter, Salzgefäße oder Besteckteile. Sie stammten von 171 unterschiedlichen Einlieferern. Zwischen 1951 und 1958 sind 146 Stücke an die Familien zurückgegeben worden; drei weitere hatte man vertauscht. Nach 1961 wurden noch 61 Objekte von 33 Einlieferern restituiert, wobei in zwei Fällen die Anspruchsberechtigten auf eine Rückerstattung verzichteten. Von 2015 bis 2017 wurden die verbleibenden 112 Objekte mit Förderung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst erneut untersucht. Die Ergebnisse wurden 2019 durch Alfred Grimm in einem Katalog (Dietmar Klinger Verlag) und einer Ausstellung „Silber für das Reich sowie zusätzlich über das Internet der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Da es dennoch kaum Rückmeldungen aus den Familien gab, wurde die proaktive Erbensuche notwendig.

Diese gestaltet sich außerordentlich aufwendig, da zwei Drittel der letzten Eigentümer die Shoa nicht überlebt haben und teils nur relativ entfernte Nachfahren existieren. Diese leben zudem über alle Kontinente verstreut.

Dennoch gelang es in weniger als zwei Jahren, zu über zwei Dritteln der Familien Kontakt aufzunehmen. Erste Objekte konnten bereits restituiert werden. Es besteht die Hoffnung, dass im Rahmen des zusätzlich vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst geförderten Projekts sämtliche noch im Museum befindlichen Werke an die Nachfahren der einstigen Besitzer zurückgegeben werden können.

Dem Projekt kommt eine übergeordnete Bedeutung zu, da sich an dem begrenzten Bestand beispielhaft aufzeigen lässt, welche Ergebnisse noch 80 Jahre nach den Entzugsmaßnahmen zu erzielen sind. Zugleich zeigt es sich, dass die vom Museum geleistete Erinnerungsarbeit für die betroffenen Familien einen weit höheren Wert hat als die Stücke selbst, die den Ausgangspunkt der Recherchen bildeten.

(c) Bayerisches Nationalmuseum