Herbert Ginsbergs verschollene Ostasiatica Sammlung - eine Spurensuche zwischen 1942 und heute

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Dodi Reifenberg
Bundesland:
Berlin
Ansprechpartner:
Laura-Marijke Hecker (MA)

PositionProvenienzforschung

Tel.0157 38307639

E-Maillaura.hecker@posteo.de

Dr. Christine Howald

PositionTEAA - Tracing East Asian Art - Technische Universität Berlin, Provenienzforschung Asiatische Sammlungen Zentralarchiv - Staatliche Museen zu Berlin

Tel.+49 30 8301 382

E-Mailc.howald@smb.spk-berlin.de

Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Im August 1942 wurde eine der umfangreichsten und wertvollsten privaten Berliner Ostasiatica-Sammlungen durch Nationalsozialisten in den besetzten Niederlanden beschlagnahmt - die des jüdischen Bankiers Herbert Ginsberg.

Nach Ginsbergs eigener Aussage, handelte es sich um eine „collection which numbered eight hundred and thirty-six pieces in 1923 and was built up in nearly fifty years.[1] Die Stücke kamen vornehmlich aus China, Japan und Indien. Es waren Bronzen, Skulpturen aus Holz, Stein und Ton, Porzellan-, Fayence- und Steingutgegenstände, Japanische Holzschnitte, Malereien aus China und Japan, Netsuke und Okimono aus unterschiedlichen Materialien, Masken, Lackarbeiten, Gewänder, Stoffe und Teppiche.[2]

Von Ginsbergs ursprünglicher Sammlung waren nach dem Krieg 103 Objekte auf einem Dachboden in Velp bei Arnhem wieder aufgetaucht, was sich aus einem Dokument seines Wiedergutmachungsantrags von 1957 ergibt.[3] Damit fehlt zum Verbleib von 733 Kunstwerken jegliche Spur.

Ziel des Projektes ist eine umfassende Recherche zum ursprünglichen Profil der Sammlung, ihrem Umfang und den Wegen, die sie bis heute genommen hat.

Ginsberg war ein anerkannter Ostasiatica-Sammler, wie Max J. Friedländer 1939 in einem Brief bestätigt: „Dear Mr. Ginsberg, with the greatest pleasure I confirm from my own experience of many years that you were successful active as one of the few serious collectors of Eastern Art […].[4] Er gehörte von 1924 bis zu seiner Flucht zur Expertenkommission der Ostasiatischen Kunstabteilung der Berliner Museen und war 1926 Gründungsmitglied und seitdem Schatzmeister der Gesellschaft für Ostasiatische Kunst. Die Bedeutung der Sammlung zeigt sich darin, dass für zahlreiche nationale und internationale Ausstellungen Leihgaben aus ihr zur Verfügung gestellt wurden.

Aufgrund der zunehmenden Verfolgung der Juden in Berlin flüchtete Herbert Ginsberg mit seiner Frau Olga Ginsberg, geborene Lachmann, und seiner Sammlung am 07. Juli 1938 in die Niederlande. Hier wurden die Objekte zunächst als Leihgabe im Gemeente Museum in Den Haag untergebracht. Als das Deutsche Reich die Niederlande am 10. Mai 1940 besetzte und begann Kunstwerke zu beschlagnahmen, waren sie dort nicht mehr in Sicherheit. Der damalige Direktor des Museums riet aus Sorge um eine Beschlagnahmung dem Ehepaar Ginsberg, sie dem Bankier Johan Christiaan van Dijk anzuvertrauen, der in Rotterdam lebte und mit dem Direktor des Gemeente Museums befreundet war. Das Ehepaar Ginsberg erhielt im August 1942 einen Bescheid zum Abtransport ins Amsterdamer Ghetto, dem es durch Untertauchen entkam. Nach der Befreiung 1945 erfuhr Herbert Ginsberg laut eigener Aussage, dass die Sammlung bei einer Durchsuchung in Van Dijks Kantor von den Nationalsozialisten beschlagnahmt worden war.[5]

Es wird eine enge Zusammenarbeit mit dem seit Januar 2019 vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste finanzierten Forschungsprojekt zur Rekonstruktion der Adolf von Menzel Sammlung Ludwig Ginsbergs erfolgen. Im Rahmen dieses Projektes konnten bereits Biographien von Mitgliedern der Familie Ginsberg, sowie die Geschichte der später ,,arisierten Privatbank Gebrüder Ginsberg, die Herbert Ginsberg mit seinen Cousins Ludwig und Max Ginsberg bis zu seiner Flucht 1938 leitete, eruiert werden.

Die Ergebnisse werden als open access-Publikation sowie als Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin präsentiert. Die Ausstellung wird von dem Künstler und Nachfahren der Familie Ginsberg, Dodi Reifenberg, initiiert. Außerdem werden die Recherchearbeiten durch die Dokumentarfilmerin Julia Albrecht begleitet.

[1] Katalog, 1951, LBI NY, AR 1028/MF 818, box 4, folder 2.

[2] Undatierter Katalog, in: DigiBaeck, LBI NY, AR 1028/MF 818, Box 7, folder 4, S. 690-921.

[3] Eidesstattliche Erklärung, in: LAB, B Rep. 025-02 Nr. 233/57, Bl. 5.

[4] Brief von Friedländer an Ginsberg, 1939, in: LAB, B Rep. 025-02 Nr. 233/57, Bl. 22.

[5] Eidesstattliche Erklärung, in: LAB, B Rep. 025-02 Nr. 233/57, Bl. 5.

(c) Projekt Herbert Ginsbergs verschollene Ostasiatika Sammlung eine Spurensuche zwischen 1942 und heute, Dezember 2019