Provenienzforschung zur anthropologischen Schädelsammlung im Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg (LMNM)
Das heutige Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg, seit 1836 Museum, erhielt erste Ethnographica bereits im Jahre 1841. Im Jahr 1853 kam mit insgesamt 14 Schädeln das größte Konvolut an menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten ins Haus. Das Museum verzeichnete während der deutschen Kolonialzeit gemäß der Zeitpraxis unter dem Direktor Johannes Martin einen sprunghaften Objektzuwachs. Dieser wurde sowohl durch private Sammler:innen und Händler:innen als auch durch andere Institutionen und insbesondere durch Militärangehörige befördert.
In der Sammlung sind im Jahr 2022 34 Schädel und zwei Gipsabgüsse bekannt. Nach dem Verzeichnis „Scelette und Menschenschädel“ von 1894 stammen 27 Schädel sowie die beiden Gipsabgüsse aus kolonialen Kontexten. Sechs weitere Schädel und ein Kindermumienschädel sind den 60er bis 80er Jahren des 20. Jahrhunderts in Südamerika bzw. Peru erworben worden. Bei ihnen stehen Fragen des Nachwirkens kolonialen Gedankenguts sowie daraus resultierende Praxis des Erwerbs im Fokus.
Übergeordnetes Projektziel war die interdisziplinäre anthropologische und historische Erforschung kolonialer Provenienzen der menschlichen Schädel außereuropäischer Herkunft. Dabei galt es die Schädel zu identifizieren und mit nicht-invasiven anthropologischen Methoden zu untersuchen. Aus historischer Perspektive wurden Archivalien wie Eingangsbücher, Schriftwechsel, Erwerbs- und Verkaufslisten ausgewertet, sodass im Zusammenführen beider Forschungsstränge im Idealfall eine Annäherung an die Biografie der Menschen entstand.
Im Zuge der Aufarbeitung der Provenienzen wurde mit den Nachfolgestaaten der Herkunftsregionen bzw. deren Vertreter:innen ein Dialog über Fragen von Aufbewahrung, Zugänglichkeit und möglichen Restitutionen begonnen. Weiterhin tragen die gewonnenen Erkenntnisse dazu bei, dass sich im Haus selbst die Haltung zu dem Thema entwickelt hat und entwickelt, die in der Vermittlung nach außen Wirkung entfaltet und sensibilisiert. Ergebnisse werden, sofern es sich nicht um sensible Daten handelt, über die Medien des Museums kommuniziert.
(c) Museum Natur und Mensch