Systematische Überprüfung der Provenienzen von Teilbeständen der Sammlungsbereiche Kunstgewerbe, Gemälde und Grafik der Sammlung der Museen für Kunst und Kulturgeschichte in Lübeck

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Zentrum für Kulturwissenschaftliche Forschung Lübeck
Bundesland:
Schleswig-Holstein
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Hans Wißkirchen

PositionLeitender Direktor der LÜBECKER MUSEEN

E-Mailhans.wisskirchen@luebeck.de

Dr. Bettina Zöller-Stock

PositionWissenschaftliche Mitarbeiterin St. Annen-Museums, Projektleitung

E-Mailbettina.zoeller-stock@luebeck.de

Steffi Grapenthin

PositionWissenschaftliche Mitarbeiterin, Projektbearbeitung

E-Mailsteffi.grapenthin@luebeck.de

Dr. Alexander Bastek

PositionLeiter des Museums Behnhaus Drägerhaus, Projektleitung

E-Mailalexander.bastek@luebeck.de

Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
bis
Beschreibung:

Das erste Jahr des Projekts zur systematischen Untersuchung von Teilbeständen der Sammlungen des Museums für Kunst und Kulturgeschichte war der Erfassung und der Zusammenstellung des Untersuchungsbestands gewidmet. Die systematische und detaillierte Herkunftsüberprüfung aller relevanten Erwerbungen steht noch aus.

Laut Inventarbüchern verzeichnet die Sammlung der Museen für Kunst und Kulturgeschichte zwischen 1933 und 1945 etwa 7.200 Erwerbungen. Hauptsächlich kommt diese recht hohe Zahl dadurch zustande, dass es 1942 einen extrem hohen Anstieg der Erwerbungen gab. In der Nacht zum Palmsonntag 1942 fiel Lübeck einem flächendeckenden Bombenangriff der britischen Luftwaffe zum Opfer. Auch die Gebäude der verschiedenen Sammlungen wurden schwer getroffen. Diesen Verlust suchte man mit zahlreichen Ankäufen aus unterschiedlichsten Provenienzen auszugleichen. Zwischen 1933 und 1945 fanden verstärkt Ankäufe von Kunsthändlern in Lübeck, Hamburg, Berlin, Osnabrück, München und Wien statt, da die NS-Stadtverwaltung eine komplette Umgestaltung des Museums festsetzte. Viele dieser Händler sind bekannt für den Handel mit NSverfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut. Hier muss für jedes der bislang etwa 330 Objekte einzeln recherchiert werden, nach Prüfung ihres heutigen Standortes bzw. Ausschluss der Kriegsverluste, ob es sich möglicherweise um NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut handelt.

Ziel ist es, für möglichst alle der 336 Objekte, die in den Jahren 1933-1945 in die Sammlung eingegangen sind und deren Provenienz nicht zweifelsfrei unbedenklich ist, die Besitzerfolge sowie die jeweiligen Erwerbungsumstände lückenlos zu rekonstruieren, um die tatsächlich als NSverfolgungsbedingt entzogenen Objekte öffentlich zu dokumentieren und eine Rückgabe bzw. Restitution an die Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger in die Wege leiten zu können. Als Grundlage - insbesondere für die Provenienzforschung - soll ein Überblick über die Lübecker Kunsthändler, deren Netzwerke und die Erwerbspolitik des damaligen Direktors geschaffen werden.

Um ihrer Verantwortung hinsichtlich der Umsetzung der Grundsätze der Washingtoner Konferenz sowie der Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes nachzukommen, möchten die LÜBECKER MUSEEN nun diejenigen Bestände ihrer Sammlung einer systematischen Prüfung unterziehen, bei denen ein NS-verfolgungsbedingter Entzug von Kulturgütern nicht ausgeschlossen werden kann.

Ausgangsfragen und Zielsetzungen

Durch die systematische Überprüfung soll die Frage geklärt werden, wie das Museum für Kunst und Kulturgeschichte am Prozess der unrechtmäßigen Entziehung von Kulturgut in der NS-Zeit beteiligt war. Hinter jedem Namen könnte eine bedenkliche Erwerbung von einer Privatperson, einer Institution oder von einer Kunsthandlung stehen. So soll möglichst lückenlos die Herkunft aller erworbenen Objekte aus den Bereichen Gemälde, Handzeichnungen, Skulpturen und Kunstgewerbe geklärt werden. Im Fokus werden zunächst die zum Teil offensichtlich verdächtigen Provenienzen, z.B. bekannte Kunsthändler, stehen.

Projekt in Zahlen

Gesamtzahl der zu prüfenden Objekte gemäß der „Farbskala“

Quelle:~ Zentrum für Kulturwissenschaftliche Forschung Lübeck

Auflistung der für das Projekt relevanten handelnden historischen Personen und Institutionen

Carl Georg Heise (bis 1934)

Dr. Hans Schröder, Direktor des Museums für Kunst und Kulturgeschichte Lübeck (ab 1934)

Museum für Kunst und Kulturgeschichte Lübeck

Overbeck-Gesellschaft

Stadtgut Niendorf

Konsul Buck

Dr. Bendfeld

Willibald Leo Freiherr von Lütgendorff-Leinburg

Gebrüder Borchers GmbH i.L., Lübeck

Oskar Brozukat, Hamburg

Karl Büchs, München

Walter Carl, Frankfurt/M.

Siegmund Cohn, Lübeck

Galerie Commeter / Commeter’sche Kunsthandlung, Hamburg

Dorotheum, Wien

Alfred Dubiski, Rostock

Maurice Ekstein, Hamburg

W. Fliegen, Wiesebaden

Kunsthalle Schifferhaus, Wilhelm Fock, Lübeck

M. Gloose, Lübeck

Maximilian Gorke, Leipzig

Greiner & Zietz, Berlin

Dr. Rolph Grosse, Berlin

Wolfgang Gurlitt, Berlin

Marie Härtwig, Berlin

Kunsthaus Heinrich Hahn, Frankfurt/M.

Margarethe Hansen, Hamburg

Dr. Ernst Hauswedell, Hamburg

Ernst Hencke, Lüneburg

Paula Heuser, Hamburg

Altkunst Hezel, Stuttgart

Johannes Heinrich Hinrichsen, Berlin

Hermann Holländer, Dresden

Friedrich Karl August Huelsmann, Hamburg

E. Kahlert & Sohn, Berlin

Hugo C. Koch

Erh. Lang, München

Hans W. Lange, Berlin

Karl Leuthenmayr, München

Paul Lindpaintner, Berlin

Galerie Dr. Wilhelm August Luz, Berlin

August Mau, Rostock

Franz Meyer, Dresden

Cornelius Michaelsen, Lübeck

Hermann Michaelsen, Berlin

Nassauischer Kunstverein, Wiesbaden

Curt Naubert, Leipzig

Friedrich Neumann, Nürnberg

Albert Oldag, Lübeck

Max Perl, Berlin

Alwin Pump, Lübeck

Claud. Röhrdanz, Hamburg

Dr. Hans Rudolph, Berlin

Karl Schein, Kiel

Erich Schmidt, Schwerin

Herbert Schulz, Lübeck

Kunstsalon Herm. Sonnthal, Köln

Franz Thiesing, Osnabrück

R. tho Aspern, Kiel

Bruno Walter, Lübeck

Wennerscheid, Berlin

Otto West, Lübeck

Paul West, Rostock

Antiquariat Wetzler, Wiesbaden

Witte & Co., Hamburg

Galerie Zinckgraf, München

Bürgermeister Bröcker-Stiftung, Rostock

Frau Capell, Mölln

Zentrale für private Fürsorge, Lübeck

Armenanstalt, Lübeck

Ilse Jakobus, Berlin

Japsen, Hamburg

Bankdirektor Steinfeld, Lübeck

Transparenz

Bislang wird das von der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste geförderte Projekt auf den Seiten des Museum Behnhaus Drägerhaus vorgestellt. Zudem ist ein Beitrag auf den Seiten des Zentrums für Kulturwissenschaftliche Forschung Lübeck (ZKFL) zu finden. Ferner erschien im März 2016 jeweils ein Artikel in den Lübecker Nachrichten und in HL-live, einer online-Zeitung für Lübeck.

Geplant ist eine Projektvorstellung erster Ergebnisse der systematischen Untersuchung von Erwerbungen des Museums für Kunst und Kulturgeschichte Lübeck im Rahmen eines Symposiums des ZKFL. Zudem wird eine Ausstellung zum Thema Provenienzforschung in den Lübecker Museen angestrebt.

Ausstellungen:
Der Herkunft auf der Spur - Museumserwerbungen in der NS-Zeit