Der Umgang mit Übersiedlungsgut jüdischer Emigranten in Bremen nach 1939: Beteiligte, Netzwerke und Wege der Verwertung
Susanne Kiel M.A.
E-Mailkiel@dsm.museum
Die Arbeit am Grundlagen-Forschungsprojekt "Der Umgang mit Übersiedlungsgut jüdischer Emigranten in Bremen nach 1939: Beteiligte, Netzwerke und Wege der Verwertung" startete im Oktober 2018, um erhaltene Informationen über die Umstände der Ausplünderung des Übersiedlungsgut von jüdischen Emigranten aus dem gesamten ehemaligen Reichsgebiet in den Häfen Bremens zu recherchieren, wissenschaftlich aufzuarbeiten und in einer Datenbank für Provenienzforschungszwecke zur Verfügung zu stellen.
Als einer der beiden großen Auswandererhäfen Deutschlands ist Bremen für Emigrierende mit per Schiff zu transportierendem Umzugsgut auch in der Zeit des Nationalsozialismus eine wichtige Etappe bei der Versendung ihres Hab und Gutes gewesen. Voraussichtlich knapp 1.000 Sendungen (bestehend aus Liftvans, Kollies, Kisten, Koffer, Seesäcken und sperrigen Einzelstücken wie Bettgestellen etc.) blieben allerdings in den Lagern der Speditionen und bei den Lagergesellschaften der Stadt liegen, als Anfang September 1939 der Krieg ausbrach und die zivilen Schiffe die Häfen nicht mehr verlassen durften.
Einige Schiffe, die bereits im August in See gestochen waren, wurden in die Häfen zurückbeordert. Dabei kam es vor, dass auch Schiffe, die in Hamburg gestartet waren, nun in Bremerhaven anlegten und ihre Ladung, darunter auch die Umzugsgüter der Emigrierenden, in Bremerhaven und in Bremen eingelagert wurden.
Die Gestapo begann im Laufe des Jahres 1940 diese Überseekisten, die jüdischen Emigrierenden gehörten, zu beschlagnahmen und deren Inhalte durch Gerichtsvollzieher öffentlich versteigern zu lassen. Im Lauf der folgenden Jahre übernahm die Oberfinanzdirektion des Gau Weser-Ems die Verantwortung und die Organisation dieser Versteigerungen in Bremen, die laut derzeitigem Forschungsstand bis Ende des Jahres 1943 durchgeführt wurden.
Die Recherche zu diesen Transportkisten und ihren Inhalten umfasst die Aufnahme der Daten der Verschickung, des Transports, der Lagerung, der (geplanten bzw. auch begonnenen) Verschiffung, der Beschlagnahme und der Versteigerung. Dazu gehört zuvorderst die Frage nach den ehemaligen Eigentümern: ihre Namen, ihre Wohnorte und wenn möglich ihre Lebensumstände und ihr Schicksal.
Die Käufer sowie die weiteren Beteiligten, die an dieser Kette der "Verwertung" jüdischen Eigentums teilhatten, werden ebenfalls - soweit möglich - im Zuge dieser Forschungen identifiziert und ihr Anteil an diesem Prozess recherchiert. Ob und wenn ja, welche Netzwerke es untereinander gegeben hat, ist ein weiterer Baustein in der Rekonstruktion dieser „Verwertungskette.
Die bisherigen Ergebnisse der Recherchen, die überwiegend aus Archivmaterial aus dem Staatsarchiv Bremen besteht, werden zurzeit in eine Datenbank eingepflegt. Diese Datenbank wurde im September 2019 von Susanne Kiel, Dr. Kathrin Kleibl und Mitarbeitern der IT-Abteilung des Deutschen Schifffahrtsmuseums in Zusammenarbeit mit der Software-Entwicklungs-Firma Solvatec aus Berlin nach den Bedürfnissen dieses Forschungsprojektes gestaltet.
Das Ziel ist es, sämtliche erhaltenen Informationen über diese Überseegüter und den Umgang mit ihnen in die Datenbank einzupflegen und nach den verschiedensten Begriffen, Namen oder Daten suchbar zu machen. Am Ende der Projektlaufzeit soll diese Datenbank und ihr Inhalt allen Provenienzforschern, ehemaligen Eigentümern, deren Erben oder anderen Personen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen können, zugänglich gemacht werden.
(c) Deutsches Schifffahrtsmuseum
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