Forschungsbilanz zum Fall der Kunstsammlung Dosquet

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Bomann-Museum Celle
Bundesland:
Niedersachsen
Ansprechpartner:
Dr. Jochen Meiners

PositionMuseumsdirektor

Tel.+49 (0) 5141 12 45 01

E-Mailjochen.meiners@celle.de

Christopher M. Galler

PositionWissenschaftlicher Mitarbeiter

Tel.+49 (0) 5141 12 45 05

E-Mailchristopher.galler@celle.de

Projekttyp:
Kurzfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Im Mai und September 1941 wurden große Teile der Sammlung des 1938 verstorbenen Sanitätsrats Dr. Wilhelm Dosquet auf Auktionen der Kunsthandlung Hans W. Lange in Berlin versteigert. Die Versteigerungskataloge enthielten rund 800 Losnummern allein aus dieser Sammlung. Neben Möbeln, darunter sehr hochwertige Stücke aus der Werkstatt von David Roentgen, umfasste sie auch Silberobjekte, Gläser, Fayencen, Steinzeug und insbesondere Porzellane vieler bedeutender europäischer Manufakturen. Entsprechend der Bedeutung dieser Sammlung traten zahlreiche Museen als Käufer auf oder erwarben zu einem späteren Zeitpunkt auf sekundärem Wege Stücke aus der Sammlung. Hier sind neben dem Bomann-Museum Celle, das 1941 selbst 24 Losnummern ersteigerte, unter anderem die Bayerische Schlösserverwaltung, das Germanische Nationalmuseum, die Klassik-Stiftung Weimar, die Staatlichen Museen zu Berlin, das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main und die Städtischen Museen in Wetzlar zu nennen.

Der Sammler Wilhelm Dosquet wurde am 2. Februar 1859 in Breslau geboren. 1890 heiratete er die aus einer wohlhabenden bürgerlichen Familie in Gotha stammende Antonie Morino und konvertierte anschließend zum Katholizismus. Aus der Ehe gingen die Kinder Marie-Theres (geb. 1891) und Hans Werner (geb. 1894) hervor. Wilhelm Dosquet schlug die berufliche Laufbahn des Mediziners ein, gründete eine eigene Klinik in Berlin-Nordend und erlangte überregionale Bekanntheit durch seine innovativen Methoden zur Behandlung der Tuberkulose. In der Klinik wurde von 1936 bis 1938 auch der an Tuberkulose erkrankte Regimegegner Carl von Ossietzky behandelt, jedoch starb er am 4. Mai 1938 an den Folgen der Erkrankung und der vorherigen Haft im Konzentrationslager. In dieser Zeit entwickelte sich eine enge persönliche und freundschaftliche Verbindung von Ossietzky zur Familie Dosquet, insbesondere zum Sohn von Wilhelm Dosquet, der ihn ärztlich behandelte.

Neben seiner Tätigkeit als Mediziner hatte sich Wilhelm Dosquet umfangreiche Kenntnisse auf dem Gebiet der Kunst und Kultur erworben und wurde von den Berliner Museumsdirektoren bis 1933 als Ratgeber geschätzt. Aus diesem Interesse resultierte auch seine umfangreiche private Sammlungstätigkeit. Am 1. Februar 1938 starb Wilhelm Dosquet im Alter von 79 Jahren, wobei seine Frau alleinige Erbin der Kunstsammlung wurde. Damit war sie auch zum Zeitpunkt der Versteigerung im Jahr 1941 alleinige Eigentümerin. Im Gegensatz zu ihrem Mann, der im Sinne der Nürnberger Gesetze als „Volljude eingestuft wurde, galt sie als „arisch. Nach Kriegsende machte jedoch ihre Tochter Marie-Theres Thiedig geltend, dass ihre Mutter trotzdem unter Zwang und dem Druck der Verhältnisse gehandelt habe. Dies begründete sie unter anderem damit, dass sie selbst und ihr Bruder aufgrund der „halbjüdischen Herkunft Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen seien. Zudem gab sie an, dass der Auktionserlös nicht ausgezahlt worden sei.

Zur Klärung dieses Falls wurde im Januar 2017 unter der Regie des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste eine Arbeitsgruppe gegründet, um die Forschungsarbeiten der betroffenen Museen zu koordinieren. In den zurückliegenden zwei Jahren konnten die Mitglieder der Arbeitsgruppe teils umfangreiches Wissen zur Geschichte der Familie Dosquet, insbesondere in der NS-Zeit, ermitteln. Zentrale Fragen im Zusammenhang mit der Versteigerung der Sammlung konnten mangels einschlägiger Quellen aber nicht eindeutig geklärt werden. Daher sollen in diesem Projekt sowohl der Kenntnisstand so gut wie noch möglich erweitert werden, als auch die bisherigen und neuen Erkenntnisse in einem Bericht zusammengefasst werden. Dieser wird als Entscheidungsgrundlage hinsichtlich „gerechter und fairer Lösungen für die betroffenen Museen und gegebenenfalls für eine Anrufung der Beratenden Kommission dienen.

(c) Bomann-Museum Celle