Chinasammlung Oppenheimer

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Museum Fünf Kontinente
Bundesland:
Bayern
Projekttyp:
Kurzfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Hintergründe und Provenienzen von Erwerbungen chinesischer Kunst aus sogenannten „Judenauktionen in Berlin 1935 Ein Projekt zur Provenienzforschung

Gefördert von der Arbeitsstelle für Provenienzforschung (AfP), Berlin, sowie im Anschluss daran vom Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, von März 2014 bis Mai 2016, durchgeführt von Dr. Ilse von zur Mühlen

Vor dem Hintergrund einer Restitutionsforderung zu drei altchinesischen Objekten, die das Museum Fünf Kontinente 1935 auf einer Auktion bei Paul Graupe in Berlin sowie nach 1945 durch Schenkung bzw. Tausch erworben hatte, erforschte Dr. Ilse von zur Mühlen im Auftrag des Museums Fünf Kontinente die Vorprovenienzen und Hintergründe der Erwerbungen. Begleitet wurde das Projekt von Dr. Bruno J. Richtsfeld, dem Leiter der Abteilung Inner-, Nord- und Ostasien des Museums Fünf Kontinente, der im Vorfeld weitere 32 Objekte im Bestand ausmachen konnte, die demselben Versteigerungsbestand zugehörten. Zu überprüfen war, ob die Stücke als im Sinne des Washingtoner Abkommens von 1998 als NS-verfolgungsbedingt entzogen einzuschätzen waren.

Die in Frage stehenden insgesamt 40 Inventarnummern wurden 1935 in Berlin durch das Auktionshaus Paul Graupe während zweier Auktionen als Ware der Kunsthandlung Dr. Otto Burchard & Co. GmbH in Liquidation versteigert. Die Kunsthandlung gehörte zu dem internationalen Kunsthandelskonzern Margraf & Co. GmbH, dessen Geschäftsanteile den langjährigen Mitarbeitern Jacob und Rosa Oppenheimer 1929 als Vermächtnis zugesprochen worden waren. Das Ehepaar Oppenheimer wurde in der Zeit des NS-Regimes von Beginn an verfolgt. Beide waren jüdischen Glaubens und gingen bereits im April 1933 ins Exil nach Frankreich; Rosa Oppenheimer wurde 1943 in Auschwitz ermordet, Jacob Oppenheimer starb 1941 infolge einer Internierung durch die Franzosen.

Zu der Versteigerung kam es jedoch infolge einer bereits seit 1929 bestehenden Überschuldung der Kunsthandelsgesellschaft durch riskante Handelsgeschäfte und die Aufnahme von Krediten beim Berliner Bankhaus Jacquier & Securius. Die Versteigerung erfolgte nicht aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme der NS-Behörden, sondern infolge einer Sicherungsübereignung durch die Bank und aufgrund eines einvernehmlich gezeichneten Versteigerungsvertrags zwischen dem (jüdischen) Versteigerer Paul Graupe, dem (jüdischen) Bankhaus Jacquier & Securius sowie dem gleichfalls jüdischen Geschäftsführer des Margraf-Konzerns, Ivan Bloch, einem der Schwiegersöhne des Ehepaars Oppenheimer. Die Forschung zeigte, dass auf den Versteigerungen angemessene Preise erzielt wurden. Aus dem Erlös wurden nachweislich sämtliche Kreditschulden bei dem Bankhaus beglichen. Der verbliebene Teil wurde offensichtlich ausbezahlt, nach einem Vermerk im Buchprüfungsbericht der Bank von 1938 heißt es: »Der Mehrerlös floß Margraf zu.« Die gleichfalls 1929 fällig gewordene Erbschaftssteuer wurde 1938 auf etwa die Hälfte reduziert, der Rest der Steuerschuld durch die Haupterbin gezahlt, während der Anteil von Jacob und Rosa Oppenheimer niedergeschlagen wurde.

Diese Forschungsergebnisse führten zu dem Schluss, dass nicht von einem NS-verfolgungsbedingten Entzug durch die Versteigerung auszugehen ist. Dieses Ergebnis wird gestützt durch eine Entscheidung des Spoliation Advisory Panel (SAP), London, vom 16.09.2015, in der die Versteigerung der Kunstwerke des Konzerns Margraf & Co. weder als NS-Zwangsverkauf noch als Versteigerung unter Wert beurteilt wird. Dem SAP zufolge könne sich der Antragsteller auch nicht auf einen »moralischen Anspruch« berufen, so dass weder eine Rückgabe noch eine freiwillige Zahlung gerechtfertigt sei.

(c) Museum Fünf Kontinente